Zum Inhalt springen

Das Schloss, das gar keines ist

Die Geschichte des Herrenhauses Schloss Bothmer in Klütz

Wer kennt das nicht: Da steht ein schönes Haus in der Straße, hundertmal und öfter ist man schon vorbeigegangen. Aber was verbirgt sich hinter der Fassade? Welche Geschichten stecken hinter den Mauern, wer geht hier ein und aus? Denn schließlich sind Geschichten von Häusern immer auch Geschichten von Menschen. In dieser Serie wollen wir gemeinsam mit Ihnen hinter Fassaden blicken. Diesmal: das Schloss Bothmer in Klütz.

Zum Hauptportal des Schlosses gelangt man über die berühmte Girlandenallee aus Holländischen Linden.

Der Weg ist das Ziel, könnte man fast sagen, wenn man sich auf selbigen begibt, um zum Schloss Bothmer zu gelangen. Der 270 Meter lange Hohlweg wird von Holländischen Linden gesäumt, deren Kronen gespalten und über Jahrzehnte so erzogen wurden, dass sie zwei Girlanden bilden. Deswegen wird die zum Schloss führende Straße auch Festonallee genannt.

Wer diesen wundervollen Weg zwischen den rund 70 Bäumen durchschritten hat, gelangt zunächst auf den Ehrenhof des Schlosses und erblickt den Mittelteil des Haupthauses; die anderen Gebäudeteile sind seitlich symmetrisch angeordnet. Aus der Luft ähnelt das gesamte Ensemble einer Art überdimensionaler Heftklammer.

Ein Schloss in Form einer Krampe? So etwas gibt‘s? In diesem Fall tatsächlich nicht: In Wahrheit handelt es sich bei Schloss Bothmer nicht wirklich um ein Schloss im engeren Sinn, denn das Gebäude diente nie als Residenz adliger Herrscher.

Namensgeber war Johann Caspar Graf von Bothmer, meistens kurz Hans Caspar von Bothmer genannt. In Niedersachsen geboren wirkte er ab 1683 als Diplomat und dies von 1711 bis zu seinem Tod 1732 in London, wo er zum Schluss seinen Dienstsitz in 10 Downing Street hatte.

Das Schloss – wir bleiben jetzt mal bei dem Begriff – ließ der Graf als Stammsitz seiner Familie erbauen. Er selbst wohnte jedoch nie darin, denn er verstarb bereits kurz vor Fertigstellung seines herrschaftlichen Hauses. Baumeister Johann Friedrich Künnecke ließ das Backsteingebäude von 1726 bis 1732 errichten. Er orientierte sich dabei auf Geheiß des Bauherrn an niederländischen und englischen Landhäusern. Dazu muss man wissen, dass Graf von Bothmer vor seiner Zeit in London unter anderem als Diplomat in Den Haag unterwegs war.

„Bedenke das Ende!“ Ob dies der Leitspruch des Adligen war, ist nicht bekannt. Jedenfalls ziert das Motto in Latein das Wappen. Und so steht außen über dem Hauptportal noch heute: „Respice finem“.

Erste Bewohner des Schloss genannten Herrenhauses waren der Neffe des Bauherrn Hans Caspar Gottfried von Bothmer und dessen Gattin Christine Margarethe. Das Anwesen blieb trotz zeitweiliger Streitereien mit einer anderen Adelsfamilie mehr als 200 Jahre im Besitz der von Bothmers.

Wenige Monate nach dem Ende des zweiten Weltkriegs wurden sie jedoch enteignet. Zuvor funktionierte bereits die Wehrmacht Teile des Gebäudekomplexes zu einem Lager um, und ab 1943 waren auch Flüchtlinge dort untergebracht. Dann nutzten kurzzeitig britische Truppen das Haus, und im September 1945 wurde es zu einem Krankenhaus. Zu dieser Zeit lebte noch Hans Kaspar von Bothmer in dem Haus (der Rest der Familie war bereits geflohen); er starb 1946. Auf das Krankenhaus folgte unter anderem ein Seniorenheim, das 1994 geschlossen wurde.

Blick in die Ausstellung zur Geschichte des Schlosses Fotos: Timm Allrich

Nach einigem Hin und Her und dem Scheitern eines privaten Investors landete Schloss Bothmer vor elf Jahren im Besitz unseres Landes, inzwischen wird es hier von der Oberen Landesbehörde Staatliche Schlösser, Gärten und Kunstsammlungen Mecklenburg-Vorpommern verwaltet.

Das Land ließ die Immobilie innen und außen umfangreich sanieren, und seit 2015 steht es den Bürgern als Museum und Kulturveranstaltungsort zur Verfügung. Die Ausstellung befindet sich in den früheren Wohnräumen; der angeschlossene Park lädt nicht nur zu schönen Spaziergängen ein, sondern dort können in den Sommermonaten auch klassische Konzerte genossen werden.       

S. Krieg