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Eigentümer müssen sanieren

    „Ist das Gebäude zu mehr als der Hälfte seines Wertes zerstört und ist der Schaden nicht durch eine Versicherung oder in anderer Weise gedeckt, so kann der Wiederaufbau nicht beschlossen oder verlangt werden.“ So steht es im Wohnungseigentumsgesetz (WEG), Paragraf 22.

    Immobilien-Eigentümer leiteten vielfach daraus ab, dass sie ihre verfallenden Gebäude nicht sanieren müssen, wenn sich dies wegen des maroden Zustands nicht rechnet. Das sah der Bundesgerichtshof (BGH) anders. In einem Urteil vom 15. Oktober stellte der BGH klar, wie der WEG-Paragraf, vor allem der Begriff „zerstört“, auszulegen ist.
    In einer Mitteilung heißt es dazu: „Zerstört […] ist ein Gebäude nur dann, wenn seine Nutzbarkeit durch punktuelle Ereignisse (wie Brand, Überflutung oder Explosion) wesentlich beeinträchtigt oder aufgehoben ist. Das ergibt sich schon aus dem Wortlaut der Norm mit dem Zusammenhang von Zerstörung, Wiederaufbau und Versicherungsleistung. Nach dem normalen Sprachgebrauch ist ein Gebäude nur dann zerstört, wenn seine Nutzbarkeit ganz oder teilweise aufgehoben ist, nicht hingegen deshalb, weil eine Sanierung hohe Kosten verursacht.“

    Alles andere als eine „Schrottimmobilie“: das Erbgroßherzogliche Palais in Karlsruhe, Sitz des Bundesgerichtshofs Foto: Joe Miletzki

    Bei einem Sanierungsstau fehle es schon an einem konkreten Zeitpunkt, auf den ein „Vorher-Nachher-Vergleich“ realer Werte bezogen werden könne. Der Gesetz­geber hätte bei Abfassung der Norm 1951, kurz nach Kriegsende, wohl „Verschlechterungen von Gebäuden durch Bombenangriffe“ im Sinn gehabt.
    Anlass für das BGH-Urteil war der Streit um die Sanierung eines Parkhauses in Augsburg. Zwei der drei Eigentümer schlossen eine Instandsetzung des Gebäudes aus und ordneten per Mehrheitsbeschluss ein dauerhaftes Nutzungsverbot für das Haus an. Der dritte Eigentümer hingegen wollte, dass alle drei Parteien gemeinschaftlich sanieren und bekam nun, nachdem das Landgericht anders entschieden hatte, in letzter Instanz recht.

    Die Rechtssprechung des BGH in dieser Sache könnte auch Auswirkungen auf das Bild der Innenstädte unserer Region haben. Eigentümer, die auf einen Abriss ihrer vor sich hin dümpelten Immobilie zuguns­ten von Neubau spekulieren, haben nun schlechte Karten.