Als Wulf Christoph von Blanckensee 1717 im Chor des schwarzen Klosters zu Wismar zur letzten Ruhe gebettet wurde, ahnte wohl niemand, dass an diesem Ort einst Schüler Sportübungen absolvieren würden. Und auch die Bauleute gute 300 Jahre später waren überrascht, als bei der aktuell laufenden Sanierung der Goetheschule in der Turnhalle das Epitaph mit diesem Namenszug im Boden auftauchte. Schließlich waren Ausstattungsgegenstände und Grabplatten aus der einstigen Klosterkirche Ende des 17. Jahrhunderts nach der Säkularisierung an andere Gotteshäuser der Stadt verteilt worden.
Indes: Der Chor der einstigen Klosterkirche hatte über die Aufhebung des Klosters hinaus als Sakralraum gedient – und hier schließt sich wieder der Kreis zur Begräbnisstätte des Wulf Christian zu Blanckensee. Dieser hatte zur Schwedenzeit im Jahr 1716 während des Großen Nordischen Krieges als Oberst des königlich-preußischen Corps an der Belagerung Wismars teilgenommen und nach Einmarsch der Truppen in die Stadt als deren Kommandierender Dienst getan.
Schon im Jahr darauf starb von Blanckensee in Wismar und wurde im Chor der Klosterkirche beigesetzt. Allerdings nicht unter der jetzt gefundenen Kalksteinplatte. Denn bei einem Epitaph handelt es sich um ein Scheingrab mit dem Ziel, die Erinnerung an den Verstorbenen sichtbar zu machen. Die Platte mit der lateinischen Inschrift stand ursprünglich an der Wand des Chors, während sich das eigentliche Grab im Kirchenraum befunden haben muss – „sieben Schritte in Richtung Westen in den Raum“, wie es auf der Platte heißt. Später wurde das Epitaph im Fußboden verlegt und beim Einbau von Sportgeräten – Ende des 19. Jahrhunderts entstand an der Stelle des Schwarzen Klosters eine Schule – beschädigt.
Nun ist die Platte wieder zum Vorschein gekommen – und damit ein Stück Wismarer Stadtgeschichte. Der Landkreis Nordwestmecklenburg als Schulträger plant, die Platte nach der Restaurierung im Treppenhaus der sanierten Schule auszustellen. Die Integrierte Gesamtschule „Johann Wolfgang von Goethe“ wird aktuell von Grund auf erneuert – 17 Millionen Euro, darunter rund 9 Millionen Euro aus dem Kreishaushalt – werden hier verbaut. Voraussichtlich im Sommer 2022 soll Wiedereröffnung sein.