Liane Römer begeistert Menschen für Bücher und lädt ein, Kunst mit allen Sinnen zu genießen
„Wenn ich einer guten Geschichte zuhöre, habe ich mich noch nie gelangweilt.“ Das sagt Liane Römer, die fasziniert ist von guten Geschichten. In Büchern stehen sie in ihrem Regal, kommen aus dem Radio, von der Theaterbühne.
Die Pinnowerin liebt Kultur und sie liebt es, sich darüber auszutauschen. Und deshalb gibt es auch noch die Geschichten, die aus guten Ideen entstehen. Als Liane Römer 2005 den finalen Strich unter ihr Berufsleben zog, stand sie vor der Frage: Was mache ich jetzt? Modegruppe, Theatergruppe, es gab viele Angebote über das Schweriner Seniorenbüro. „Doch als Deutschlehrerin, die nie genügend Zeit zum Lesen hatte, gefiel mir
die Idee eines Literaturclubs am besten“, sagt die Bücherfreundin, die bei diesem Gedanken von ihren liebsten Literatursendungen aus dem Fernsehen inspiriert wurde. Sie hatte Lust, sich mit Autoren zu beschäftigen, die während des Berufslebens zu kurz gekommen waren, neue zu entdecken, sich in andere Welten einzulesen. Mit einem Literaturclub beim Schweriner Seniorenbüro ging es los. Parallel gab es erste Runden von Literaturfreunden um den großen heimischen Wohnzimmertisch.
Aber all das war noch nicht das Format, das Liane Römer vorschwebte. Sie träumte davon, ihre Begeisterung für Literatur weiter in die Öffentlichkeit zu tragen – und so wurde LISTA geboren. Das Akronym steht für „Literaturstammtisch“. Und wenn Autor Wolf Karge am 7. Mai dieses Jahres im Campus am Ziegelsee sein Buch „Elisabeth von Eicken“ vorstellt, findet bereits dessen 90. Auflage statt.
Auf diese Zahl ist Liane Römer sehr stolz – weiß sie doch, wie viel Arbeit in den Veranstaltungen steckt. Vor allem in denen, zu denen sie keinen Gast mit einem Buch unter dem Arm begrüßt. Sondern die sie selbst wie nach einem Drehbuch choreographiert und sich Künstlern und Autoren über deren Werke nähert: Thomas Mann, Anna Seghers, Franz Kafka. „Das sind manchmal Monate der Vorbereitung“, sagt sie.
Dazu kommt, dass die Literaturfreundin auch als Organisatorin ihre Erfahrungen gesammelt hat. „Die Menschen müssen den Gast kennen oder kennen lernen wollen und die Veranstaltung muss Erlebniswert haben“, fasst sie zusammen und fremdelt deshalb auch ein kleines bisschen mit dem Begriff Lesung. Schließlich sollen die Stammtische alle Sinne ansprechen: Musik erklingt und bildende Kunst spielt eine große Rolle. Und mit dem Format „Dinieren mit …“ hat Liane Römer Literatur auch schon sehr erfolgreich mit kulinarischen
Genüssen verbunden.
Die Faszination für gute Geschichten begleitet die Pinnowerin seit ihrer Kindheit. „Ich bin fast ins Radio hineingekrochen, egal, ob es um Hörspiele ging oder um die Friedensfahrt“, erzählt sie. Das war im Brandenburgischen, wohin es Liane Römers Familie nach der Vertreibung aus dem Sudetenland verschlagen hatte. „Meine Mutter hat ihr gesamtes Hab und Gut verloren – vielleicht ist ja genau das der Grund, weshalb ich schöne
Dinge wie Kunst, Porzellan, Bücher so mag“, sagt sie.
Im Kreis Belzig besuchte sie auch die Schule, anfangs in einem kleinen Dorf, aber da fehlte es an vielem – zum Beispiel an Lehrern für den Fremdsprachenunterricht.
Weil sich die Kollegen einig waren, dass die aufgeweckte Schülerin das Zeug zur Hochschulreife hatte, fuhr das Mädchen fortan jahrelang und kilometerweit in eine Schule mit besseren Voraussetzungen. Nach dem Abitur studierte Liane Römer in Rostock, lernte ihren Mann kennen, gründete eine Familie.
Neben Deutsch gehörte Englisch zu ihrer Fachkombination, einer mit ganz viel Arbeit, wie sie in der Rückschau sagt. Aber das hat sie noch nie geschreckt. „Ich arbeite gern und ich lerne gern“, sagt sie.
Was sie nicht gern tut, ist rückwärtsgerichtetes Arbeiten – so wie nach Beginn der Corona-Pandemie,
als bereits vorbereitete Veranstaltungen und Lesereisen wieder abgewickelt werden mussten. Sehr geholfen haben ihr in dieser Zeit die Rezensionen, die sie regelmäßig fürs Stadtfernsehen spricht. „Ich musste die Besprechungen vorbereiten, mich für die Kamera schick machen, aus dem Haus fahren“, sagt sie – kleine Lichtblicke im grauen Corona-Alltag.
Ob ihr ein Buch zusagt, findet Liane Römer manchmal auch mit ungewöhnlichen Methoden heraus: „Wenn ich es in der Mitte aufschlage und es gefällt mir, wird es mir höchstwahrscheinlich auch von Anfang an gefallen“, nennt sie eine Möglichkeit, sich nicht über dutzende von Seiten quälen zu müssen. Denn das ist ihr auch bei den Literaturstammtischen, den Lesereisen, Buchbesprechungen und Literaturclubtreffen im Seniorenbüro
wichtig: Es muss Spaß machen.
Katja Haescher