Die Kirche zu Zickhusen besitzt mit ihrem klassizistischen Baustil Seltenheitswert in der Region
Wer kennt das nicht: Da steht ein schönes Haus in der Straße, hundertmal und öfter ist man schon vorbeigegangen. Aber was verbirgt sich hinter der Fassade? Welche Geschichten stecken hinter den Mauern, wer geht hier ein und aus? Denn schließlich sind Geschichten von Häusern immer auch Geschichten von Menschen. In dieser Serie wollen wir gemeinsam mit Ihnen hinter Fassaden blicken. Diesmal: in der Kirche Zickhusen.
Abseits der Küstenlandschaft verbirgt sich im mecklenburgischen Hinterland so manche geschichtsträchtige Sehenswürdigkeit. Die kleine Gemeinde Zickhusen zählt nur etwa 500 Einwohner und liegt an der Bundesstraße 106 zwischen Schwerin und Wismar. Ihre klassizistische Kirche befindet sich, von der Straße aus kaum sichtbar, im Zentrum des beschaulichen Dorfes, umgeben von Dorfteich und Friedhof in ländlicher Idylle.
Erbaut wurde sie 1824 bis 1827 im Auftrag des mecklenburgischen Großherzogs Friedrich Franz I. als Saalbau mit halbrundem Altarraum und einem 21 Meter hohen Glockenturm mit vergoldetem Kreuz. Der Bau der im Jahre 1830 geweihten Kirche erfolgte nach den Plänen des Schweriner Baumeisters Ludwig Bartning, der unter anderem das Großherzogliche Amtsgebäude am Pfaffenteich in Schwerin entwarf und sogar am Bau der Friedrichs-werderschen Kirche in Berlin unter Friedrich Schinkel beteiligt war. Die denkmalgeschützte Kirche in Zickhusen ist einmaliges Zeugnis klassizistischer Baukunst im Schweriner Umland. Die nüchtern gehaltene Ausstattung des Innenraumes stammt größtenteils noch aus der Bauzeit. An der Ostseite befindet sich eine holzverkleidetete Altarwand mit Kanzel umgeben von Beichtstühlen.
Etwas ungewöhnlich ist angesichts der Ost-West-Ausrichtung von Kirchen die Ausführung des gegenüberliegenden Eingangsportals an der Westseite. Dieses bietet nur Zugang zum Glockenturm und zur Orgelempore, nicht aber zum Kirchensaal. Zu diesem gelangt man durch zwei seitliche Portale. Vermutlich war das Westportal ausschließlich den feinen Herrschaften vorbehalten, welche den Gottesdienst von der Empore aus verfolgten und nicht mit den einfachen Gemeindemitgliedern in Berührung kommen wollten. Denn der Großherzog soll, wenn er in den Sommermonaten in Wiligrad residierte, mit der Kutsche zum Gottesdienst nach Zickhusen gefahren sein. Die kleine Kirche ließ er extra zu diesem Zweck erbauen. Heute befindet sich der klassizistische Sakralbau in einem sanierungsbedürftigen Zustand. Zahlreiche Schäden, die durch aufsteigende Feuchtigkeit im Mauerwerk
und ein marodes Dach entstanden sind, wurden zwar nach der Wende durch umfangreiche Sanierungsarbeiten behoben, doch die Restaurierung des Innenraumes steht noch aus. Zuletzt gelang dem Förderverein, der sich 2001 zur Erhaltung der Kirche gründete, jedoch mittlerweile aufgrund mangelnder Mitglieder aufgelöst ist, mit der Erneuerung der Turmuhr ein großer Sprung nach vorn. Dank eines anonymen Spenders konnte im Oktober 2022 eine originalgetreue Nachbildung der ursprünglichen Uhr eingebaut werden. Einzige Quelle war hierfür eine kleine Zeichnung der Kirche von dem Zickhusener Lehrer Carl Düffert aus dem Jahre 1869, an welcher die neue Uhr orientiert ist. Zwischen 7 Uhr morgens und 19 Uhr abends erklingt nun jeweils zur vollen und zur halben Stunde wieder ein Glockenschlag in Zickhusen.
Pastor Markus Seefeld hofft, dass auch die nachfolgenden Generationen ein Interesse daran haben, das altehrwürdige Gebäude zu erhalten und für Veranstaltungen zu nutzen. Gegenwärtig findet einmal im Monat der sonntägliche Gottesdienst der evangelisch-lutherischen Kirchengemeinde Alt Meteln – Cramon – Groß Trebbow in der Kirche statt. In diesem Monat ist sie sogar zweimal geöffnet: Am 16. Dezember um 17 Uhr singt der Chor Convivium Canticum aus Schwerin unter der Leitung von Fritz Reinke in der Kirche. Der Eintritt ist frei und zum Aufwärmen gibt es Glühwein. Heilig Abend wird um 16.30 Uhr ein Weihnachtsgottesdienst mit Krippenspiel gefeiert. Gerade zur besinnlichen Adventszeit ist der Besuch der kleinen abgelegenen Kirche in ihrer ruhevollen Umgebung fernab jeglicher Hektik lohnenswert.
Laura Prüstel