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Für einen offenen Dialog

Foto: Steffi Pulz

Wie sind Sie zu Ihrer ehrenamtlichen Ar- beit mit Geflüchteten gekommen?
Ich bin mit Geschichten über Flucht auf- gewachsen. Ich habe mich schon als Kind mit meinen Großeltern darüber unterhal- ten, wie es ist zu fliehen, anzukommen und nicht willkommen zu sein. Und auch darüber, wie wichtig es aber ist, Sicherheit ver- mittelt zu bekommen und Unterstützung zu erhalten, wenn man sich an einem neuen Ort zurecht finden muss. Als 2015/2016 dann sehr viele Geflüchtete, hauptsächlich aus Syrien und Afghanistan, kamen, war das für mich ein ausschlaggebender Punkt, diese Arbeit aufzunehmen. Vorher war ich bereits in verschiedene kleinere Projekte in- volviert, bei denen wir beispielsweise Spen- den gesammelt haben, die dann ins Ausland geschickt wurden. Der direkte Kontakt zu Geflüchteten kam aber erst in den Jahren ab 2015 zustande.

Was bedeutet für Sie Integration?
Ich denke, Integration bedeutet, dass Menschen die Möglichkeit haben, an einer Gesellschaft teilzunehmen und diese mitzugestalten. Die Voraussetzung dafür ist für mich Sprache. Daher kann Integration meiner Meinung nach nur gelingen, wenn Geflüchtete die Chance bekommen, Sprachkurse zu besuchen. Das ist häufig gar nicht so einfach. Da gibt es jahrelange Wartelisten und in dieser Zeit versuchen viele, sich mit YouTube-Videos die Sprache selbst beizubringen. Das hat natürlich eine ganz andere Qualität als ein Sprachkurs, bei dem der direkte Austausch und das Üben mit Anderen möglich ist. Zudem bedeutet Integration für mich, dass die Menschen, die schon ewig hier leben, sich darauf einlassen, dass andere Menschen mit ihren Kulturen und Besonderheiten hierherkommen. Dafür ist eine gewisse Offenheit und Dialogbereitschaft erforderlich.

Welche zählen zu Ihren wichtigsten Aufgaben?
Ich finde vor allem den kontinuierlichen Kontakt im Alltag besonders wichtig. Die Beglei- tung beim Einkaufen oder zu Behörden machen die Bewältigung des Alltags einfacher. Und auch Fragen danach, wie man einen Arzttermin vereinbart, sich mit dem Busplan zurechtfindet oder eine Anmeldung in der Bibliothek vornimmt, sind ganz normale Anliegen des Alltags, die die Integration fördern. Ein besonders schönes Pro- jekt hier in Parchim ist das „Kun- terfarbige Familienfest“. Das orga- nisieren wir jedes Jahr gemeinsam mit Geflüchteten und dort kommt immer ein toller interkultureller Austausch zustande.

Welche Entwicklungen wünschen Sie sich in der Arbeit mit Geflüchteten für die Zukunft?
Ich würde mir wünschen, dass ein Verständnis und ein Bewusstsein dafür entsteht, dass wir in einer globalen Welt leben und unsere Entscheidungen auch die Menschen in ande- ren Regionen der Welt betreffen. Durch die Überfischung der Meere beispielsweise verlie- ren Menschen in anderen Ländern ihre Existunzgrundlage. Ohne ein schlechtes Gewissen zu machen, finde ich es wichtig zu erkennen, dass alle Menschen zusammengehören und wir daher auch Verantwortung füreinander tragen.

Interview: Laura Piontek