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Bote im Dienst der Freundschaft

Er steht inzwischen auf der Liste des immateriellen Kulturerbes in Deutschland: der Brauch des Martensmanns. Einmal jährlich im November liefert dieser Abgesandte der Stadt Lübeck ein Fass Rotspon nach Schwerin – und fährt auf dem Weg dorthin traditionell durch Schönberg und Rehna.
Nach der Wende haben Menschen in Ost und West unter Federführung der Stiftung Mecklenburg die alte Tradition wieder aufgenommen. Das ist 2021 genau 30 Jahre her.

Der Brauch des Martensmanns ist natürlich deutlich älter als drei Jahrzehnte. Bereits aus dem 16. Jahrhundert gibt es Urkunden, welche die Lieferung von Wein aus Lübeck belegen. Weitere Indizien reichen bis ins 14. und 13. Jahrhundert zurück – wie ein Schreiben, in dem sich die Lübecker für die Zoll- und Abgabefreiheit bedanken. Denn vermutlich steht das Weingeschenk des Martensmanns in genau dieser Tradition – waren doch Handelsprivilegien für eine Hansestadt eine wichtige Angelegenheit.

 

Traditionell bringt der Martensmann Rotspon aus der Hansestadt nach Schwerin. In den zurückliegenden Jahren lebte der Brauch wieder auf. Foto: Archiv/Cordes

Bis ins Jahr 1817 kutschierten die Lübecker jährlich in einem Fass Wein nach Mecklenburg, bevor man sich zu Beginn des 19. Jahrhunderts auf eine Einstellung der Lieferung einigte.
Nach jahrzehntelanger deutscher Teilung und der Wiedervereinigung wurde ein Bote, der im Dienst der Freundschaft von West nach Ost fährt, zu einem starken Symbol. Und weil der Martensmann den Nerv des Publikums traf, entstanden rund um seine Ankunft Volksfeste und Märkte: in Schönberg, in Rehna, wo der Abgesandte traditionell übernachtet, und in Schwerin.

Diese Bürgerbeteiligung ist es auch, die eine wichtige Voraussetzung für eine Aufnahme des Bauchs ins immaterielle Kulturerbe bildete. Nachdem ein erster Anlauf gescheitert war, hat der Brauch des Martensmanns seit dem vergangenen Jahr einen Platz in dem bundesweiten Verzeichnis. Das wurde in Schönberg mit einem Festakt gefeiert, bei dem der ehemalige Ministerpräsident von Schleswig-Holstein Björn Engholm die Festrede hielt. Und das mit dem immateriellen Kulturerbe verbundene Anliegen, überliefertes Wissen, Können und Brauchtum weiter zu erhalten, wird auch in Zukunft zwischen Lübeck und Schwerin eine Rolle spielen.