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Der Letzte einer ganzen Burg

Wahrzeichen und Markenzeichen: Amtsturm prägt das Bild von Lübz

Amtsturm Lübz
Der spätromanische Amtsturm: Er gehört heute zum Stadtmuseum und kann besichtigt werden Foto: Katja Haescher

Wer kennt das nicht: Da steht ein schönes Haus in der Straße, hundertmal und öfter ist man schon vorbeigegangen. Aber was verbirgt sich hinter der Fassade? Welche Geschichten stecken hinter den Mauern, wer geht hier ein und aus? Denn schließlich sind Geschichten von Häusern immer auch Geschichten von Menschen. In dieser Serie wollen wir gemeinsam mit Ihnen hinter Fassaden blicken. Diesmal: im Lübzer Amtsturm, dem letzten Zeugen der alten Eldenburg.

Mitte des 19. Jahrhundertsbrauchte die Stadt Lübz eine öffentliche Uhr. Ein Platz war schnell gefunden: der Amtsturm. Hier ging jeder jeden Tag vorbei, während sich die Stadtkirche in zweiter Reihe den Blicken entzog.
Das zum Uhrturm beförderte Bauwerk war zu diesem Zeitpunkt schon 550 Jahre alt. Zwischen 1306 und 1308 war der Wehrturm als Teil einer Burg von den Markgrafen Otto und Hermann von Brandenburg gebaut worden.

In der Gegend, die damals noch zu Brandenburg gehörte, ging es zu dieser Zeit hoch her. Auch die mecklenburgischen Nachbarn hatten ein Auge auf Land und Burg geworfen. Die 2,20 Meter dicken Mauern des Lübzer Amtsturms erzählen noch heute davon, dass es besser war, wenn man sich zu verteidigen wusste. Der Turm hat dabei allerdings eine Besonderheit, über die schon viele Historiker gegrübelt haben: Die Wendeltreppe in der Mauer dreht sich nicht wie anderenorts rechts-, sondern linksherum – für Verteidiger, die den rechten – den Schwertarm – frei bewegen müssen, ungünstig.

„Wir haben schon gescherzt, dass der Baumeister vermutlich Linkshänder war“, sagt Ilona Paschke. Sie kennt den Amtsturm wie ihr Wohnzimmer, leitete jahrlang das Museum und ist heute beim Verein Lübzer Land beschäftigt, in dessen Trägerschaft sich der Turm befindet.

Und apropos Wohnzimmer: Als die Eldenburg nach einigen Scharmützeln schließlich zu Mecklenburg gehörte und es im Lande ruhiger geworden war, brauchte man Platz zum Wohnen. Aus der unbequemen Burg wurde ein Schloss, das noch zwei weitere Türme hatte.

1547 zog hier Anna, die Witwe Herzogs Albrecht VII., ein. Ihr folgten zwei weitere verwitwete Herzoginnen, darunter 1591 Sophie. Die Frau Johann VII. war zu diesem Zeitpunkt erst 23 Jahre alt. Sie verwaltete ihre Güter sehr umsichtig und bot sogar Wallenstein die Stirn. Im Gegensatz zu ihren Söhnen, den Herzögen Adolf Friedrich I. und Johann Albrecht II., ließ sie sich nicht außer Landes jagen.

Nach Sophies Tod 1634 verfiel das Schloss. Die Steine wurden anderswo verbaut. Warum der Turm als einziger dem Baustoffrecycling widerstand – wer weiß. Er blieb stehen und wurde erst Uhrturm und 1976 Museum. Die 1856 eingebaute Uhr ist übrigens im obersten Geschoss zu besichtigen. Einmal in der Woche muss sie aufgezogen werden. Gern übernehmen Besucher die Aufgabe, die drei Feldsteingewichte nach oben zu kurbeln. Die Steine wandern dabei durch alle Geschosse des 23,70 Meter hohen Turms.

Der ist übrigens seit 1925 Markenzeichen des wohl berühmtesten Unternehmens der Stadt. Die Lübzer Brauerei trägt den Turm im Wappen und so haben ihn schon Bierliebhaber in aller Welt gesehen.

Katja Haescher

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