Weiblicher Kurzname mit drei, asiatische Getreidesorte mit vier und Speisenfolge mit fünf Buchstaben. Aber auch Parchimer Schriftsteller, Parchimer Persönlichkeit, Parchimer Baumeister mit fünf, sechs, zehn zu füllenden Kästchen. Wenn Jürgen Schmidt Kreuzworträtsel entwirft, dann spielt oft seine Heimatstadt eine Rolle. Schließlich ist er als Rätselerfinder Herr des Verfahrens und kann Aufgaben individuell gestalten – etwas, das er jedem Computer voraus hat.
Seit 1992 ist Jürgen Schmidt in der Welt der Rätsel zu Hause. Damals wurde der Lehrer für Mathematik und Werken für seinen Geschmack viel zu früh in den Vorruhestand geschickt. Drei Jahre nach der Wende gab es plötzlich zu viele Pädagogen und zu wenige Schüler. Kreuzworträtsel hatten den Parchimer schon immer begeistert. Und so wurden die Buchstabenkombinationen in dieser Zeit zu einer neuen Herausforderung.
Die begann schon damit, dass Jürgen Schmidt noch keinen Computer besaß: Mit Tusche und Lineal zeichnete er die Kästchen, zirkelte anschließend mit der Schreibmaschine Zahlen in die linken oberen Ecken und klebte Zeichnungen oder ausgeschnittene kleine Abbildungen in die Leerfelder. Die so entstandenen Originale ließ er kopieren und schickte sie an Magazine und Zeitungen.
Das war das Formale. Dazu kamen der Inhalt und die Herausforderung, dass jedes Kreuzworträtsel am Ende „aufgehen“ muss. „Manchmal bleibt eine Ecke, die sich einfach nicht löst“, sagt Jürgen Schmidt, der auf diese Art und Weise gleich eine neue Rätselform erfand: das „Knüllrätsel“, also eines, das in hohem Bogen in den Papierkorb segelt. Da drängt sich doch gleich die Frage nach besonders kreuzworträtselgeeigneten Begriffen auf. „Das ideale Wort hat viele Selbstlaute“, sagt Jürgen Schmidt. Er beginnt seine Arbeit, indem er möglichst den längsten Begriff ins Wortgitter schreibt und sich dann vorarbeitet. Ist das Rätsel fertig, bekommt es seine Frau zur Korrektur. Erika Schmidt prüft auf eventuelle Tippfehler und macht hin und wieder Vorschläge für die Wortumschreibungen – die beiden sind ein gutes Team.
Inzwischen hat Jürgen Schmidt 1342 Rätsel konstruiert. Das Strukturierte liegt ihm – wohl schon berufsbedingt. 1937 in Parchim geboren, verließ er 1953 die Schule und zog für eine Maurerlehre nach Rostock. „Am Ostseestadion habe ich mitgebaut und an der Neptun-Schwimmhalle“, sagt der leidenschaftliche Sportler. Klar, dass er auch dem FC Hansa Rostock die Daumen drückt –„auch wenn mir Teile der heutigen Fanszene nicht gefallen“. Lange war der Parchimer selbst sportlich aktiv: als Fußballer während der Schulzeit in Parchim, als Handballer während der Lehre in Rostock und als Volleyballer während des Lehrerstudiums in Weimar und Erfurt.
Die Leidenschaft fürs Schneller, Höher und Weiter überträgt er auch auf seine Rätsel – 12,26 Meter misst das längste. 1226 ist auch das Ersterwähnungsjahr von Jürgen Schmidts Heimatstadt Parchim und deshalb hat er bei dieser Zahl aufgehört. Sonst wäre wohl die Versuchung zu groß gewesen, der Rätselrolle weitere Bögen hinzuzufügen. Überhaupt ist um Parchim so viel Rätselhaftes entstanden, dass die gerahmten Knobeleien zwei Wände des Arbeitszimmers füllen. Thematische Rätsel sind natürlich viel schwieriger zu machen als solche ohne Vorgaben, bei denen der Rätselautor freiweg in alle Wortkisten greifen kann.
Eine besondere Aufgabe hat sich Jürgen Schmidt mit seinen Prominentenrätseln gestellt: Er entwirft sie für bekannte Menschen aus Kunst, Sport und Politik, schickt sie ihnen zu und bittet um Unterschriften – auf dem Rätsel. Unlängst kam das 100. signiert zurück – von Alexander Gerst. Nur zwei- oder dreimal hat es mit der Unterschrift nicht geklappt – unter anderem beim Papst. Täve Schur löste sogar das Rätsel, bevor er es signiert an den Erfinder zurücksandte. Und Jens Weißflog bedankte sich ausdrücklich für die tolle Idee.
Und das innovative Rätselmachen geht weiter. Rätsel auf Russisch, Englisch, Niederdeutsch? Kein Problem. Wenngleich gar nicht so einfach zu machen, wie der Parchimer verrät: „Plattdeutsch zum Beispiel verfügt nicht über den gleichen Wortschatzreichtum wie das Hochdeutsche. Und die Wörter weichen von einer Region zur anderen voneinander ab.“
Aktuell experimentiert der 84-Jährige mit einem Vier-Buchstaben-vier-Ecken-Rätsel: Dabei enthalten Reihen und Spalten um die vier Eckbuchstaben keine Wortbeschreibungen, sondern müssen aus dem Zusammenhang erschlossen werden.
Jürgen Schmidts Rätsel sind schon in vielen Zeitungen erschienen. In der Touristinformation ist die Freude groß, wenn er neue Parchim-Rätsel vorbeibringt; genauso wie im Seniorenheim, das er regelmäßig mit Nachschub an Kreuzworträtseln versorgt – mit extra großen Kästchen. Hat in der Familie, zu der zwei Töchter und drei Enkelkinder gehören, jemand Geburtstag, gibt‘s oft ein individuelles Rätsel oben aufs Geschenk.
Katja Haescher