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Es ist Menschlich, nicht perfekt zu sein

Theologin Christina Innemann
Die Theologin Christina Innemann (41) hat das Amt der katholischen Polizeiseelsorgerin in MV übernommen.
Foto: privat

Was sind die Aufgaben einer Polizeiseelsorgerin?
Ich habe ein offenes Ohr, wenn Polizistinnen und Polizisten Redebedarf haben. Bei beruflichen oder privaten Themen, zum Beispiel nach schweren Einsätzen. Darüber hinaus leite ich Seminare zu ethischen Fragestellungen. Meine Tätigkeit ist eine Ergänzung zu Angeboten des sozial-psychologischen Dienstes oder der „Sozialen Ansprechpartner“, das sind geschulte Polizisten, die Kollegen beraten. Um Wege kurz zu halten, möchte ich langfristig ein Netzwerk von Ehrenamtlichen aufbauen, die mich in meiner Arbeit unterstützen.

Wie arbeiten Sie sich in den Polizeialltag ein?
Ich gehe mit Respekt an die Aufgabe heran und möchte mir Zeit nehmen, die Arbeit vor Ort kennen zu lernen. Das heißt, dass ich mit zu Einsätzen fahre, zum Beispiel neulich ins Ostseestadion zum Spiel von Hansa Rostock gegen den 1. FC Nürnberg. Ich habe auch schon zwei Nachtschichten mitgemacht und die ersten Reviere im Land besucht. Die Reaktionen darauf waren vorwiegend offen und freundlich. Als ich neulich mal unangemeldet an einer kleinen Station klingelte und mich vorstellte, hieß es sofort: Komm rein, kriegst ‘nen Kaffee. Wir haben dann über Gott und die Welt geredet.

Welche Rolle spielt die Religion für Ihre Tätigkeit?
Ich bin Seelsorgerin, weil ich an Gott glaube und bringe ein christlich geprägtes Menschenbild mit. Dazu gehören die Würde und der Wert jedes Einzelnen. Ich weiß, dass nur ein Bruchteil der rund 6000 Polizistinnen und Polizisten im Land christlich unterwegs ist, aber das macht nichts. Ich bin für jede und jeden da. Hier geht es nicht ums perfekte Funktionieren in einem Job, in dem du möglichst keine Fehler machen solltest, sondern darum, wie du als Mensch bist auf dieser Welt. Ich habe schon mit vielen Polizisten geredet, die sich in erster Linie als Ansprechpartner für die Bürger sehen. Und darum geht es doch: auch im Amt menschlich zu bleiben.

Vor welchen Herausforderungen stehen Polizisten – und wie können Sie helfen?
Polizisten haben eine psychisch und physisch anspruchsvolle Arbeit, ein Zwölf-Stunden-Schichtsystem will auch körperlich durchgehalten werden. Sie wissen nie, was sie im Dienst erwartet, das ist ein schnelles Hineingeworfen-Werden in extreme Situationen, in denen sie dann perfekt funktionieren müssen – egal, ob sich die Freundin gerade trennt oder man vielleicht ein Neugeborenes zu Hause hat. Als Seelsorgerin sage ich, dass es menschlich ist, auch mal Fehler zu machen oder zu sagen: Das geht mir jetzt nah – wenn zum Beispiel eine Todesnachricht überbracht werden musste. Ich biete einen Schutzraum zum Reden, denn in meinem Amt unterliege ich der seelsorgerischen Schweigepflicht. Wer mich erreichen möchte: Meine Nummer ist ins Adresssystem der Polizei eingespeichert.

Sie sind oft mit Leid konfrontiert – wie können Sie für die eigene Seele sorgen?
Der Austausch mit anderen Seelsorgern ist mir wichtig – ich habe zum Beispiel im Land noch einen evangelischen Kollegen, der in Stralsund seinen Sitz hat. Und ich achte darauf, mein Privatleben gut zu leben, Partnerin für meinen Mann und Mutter für meine drei Kinder zu sein oder mit einer Freundin ins Konzert zu gehen.

Interview: Katja Haescher