Gärten gibt es überall auf der Welt; genauso wie leidenschaftliche Gärtner. Gärten verbinden, schaffen Gemeinsamkeiten oder lassen sie heranwachsen. Und genau das wollen sich drei Frauen in Hagenow zunutze machen: Katja Huenges, sie ist Sozialpädagogin bei der Kirchgemeinde. Almuth Mellin, die im Lebenshilfewerk Hagenow geistig und psychisch beeinträchtigten Menschen betreut. Und Suaad Alhussain, die vor fünf Jahren aus Syrien nach Deutschland kam. Sie planen, telefonieren und vernetzen, buddeln, pflanzen und schwitzen für einen Gemeinschaftsgarten in Hagenow oder wie es noch schöner heißt: einen Garten für alle Menschen.
Alles begann im vergangenen Jahr. Katja Huenges hatte einen Artikel über urbane Gemeinschaftsgärten gelesen, die von der „anstiftung“ als Raum des Selbermachens unterstützt werden. „Das wäre etwas für uns“, war ihr Gedanke, der bei Almuth Mellin vom Lebenshilfewerk Unterstützung fand. Und auch Suaad Alhussain, die Katja Huenges aus dem Deutschkurs kennt, gefiel die Idee sofort. „Ich habe ein Beet bekommen, auf dem ich säen und pflanzen kann. Das macht mir und meinen beiden Kindern großen Spaß. Und ich lerne dabei“, sagt die junge Frau. Wörter zum Beispiel, von denen im Deutschkurs nie die Rede ist. Ein Beispiel hat Suaad sofort parat: „Hirtentäschel“. Und sie erzählt, wie gut die Pflanze im Salat schmeckt.
Ein Wildkraut also und kein Unkraut. Wenngleich es auch von letzterem eine Menge gab, als die Gärtner nach der Corona-Zwangspause in diesem Frühjahr endlich loslegen konnten. Das Gartenland gehört der Kirche, es lag zuvor zehn Jahre lang brach. Ansonsten bestand die Ausstattung in einer mit Asbest gedeckten Gartenhütte und einem meterhohen Haufen Astschnitt, der sich hier im Laufe der Jahre aufgetürmt hatte. Es brauchte also nicht nur Menschen mit Visionen für dieses Stückchen Erde, sondern solche, die die Ärmel hochkrempelten. Rund 20 gehörten im ersten Jahr zum harten Kern dieser Gartenenthusiasten. Unter ihnen Geflüchtete und Alteingegessene. „So erleben sich zum Beispiel Menschen mit Behinderung im Garten ganz unbeeinträchtigt, hier sind sie wie alle anderen auch“, hat Almuth Mellin erfahren.
Im ersten Jahr haben alle, die wollten, ein Beet bekommen, auf dem sie nach eigenen Vorstellungen gärtnern konnten. So entstanden im großen Garten viele kleine: ein in allen Farben blühender Blumengarten der Konfirmanden. Ein eritreischer Garten, in dem das Gemüse in Dämmen wächst und über die dazwischen liegenden Rinnen bewässert wird. Suaad Alhussain hat viel Gemüse gepflanzt, Rucola, Mangold, Bohnen, Kartoffeln. Und während Rucola und Mangold deutlich kleiner blieben, als sie es aus Syrien kennt, gediehen die Kartoffeln prächtig. „Wir sind ja auch in Mecklenburg“, sagt Katja Huenges lachend und erzählt, dass im Gemeinschaftsgarten jeder vom anderen lernt: „Suaad hat zum Beispiel den Rucola breitwürfig ausgesät und eingeharkt und er ist gewachsen wie verrückt.“ Jetzt ist es Suaad, die schmunzeln muss: „Für Kartoffeln sind Reihen gut. Aber wozu braucht man sie bei Salat?“
Zu ihren Nachbarn von der Gartenanlage „Timpenmoor“ pflegen die Neugärtner ein gutes Verhältnis. „Wir waren uns erst nicht sicher, wie sie auf unser Projekt reagieren. Aber dann standen immer wieder Blumenzwiebeln, Himbeerbüsche und Geräte neben unserem Gartentor“, freut sich Katja Huenges.
Noch gibt es Beetplätze, für Menschen, die ebenfalls mitgärtnern wollen. Außerdem soll im kommenden Jahr ein neues Gartenhaus aufgestellt werden, die Grundplatte ist gegossen, die Teile liegen schon bereit. Und Suaad möchte mit der Bienenhaltung beginnen: „Einen Garten ohne Bienen kann ich mir gar nicht vorstellen“, sagt sie. Genausowenig wie ohne Weinstöcke, die ersten drei sind gepflanzt. Allerdings nicht der Trauben, sondern der Blätter wegen, die Suaad mit einer leckeren Reismischung zu füllen versteht. „Früher“, sagt sie, „bin ich mit meinen Kindern immer in den Wald gegangen. Jetzt gehen wir in den Garten.“
Und auch die Kinder haben Pläne. Bei Suaads achtjähriger Tochter sind sie schon sehr konkret. Ein Baumhaus. Ein kleines Schwimmbecken. Und auch eine Kuh wäre sehr schön. Katja Haescher