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Im Reich der Prämonstratenser

Kloster Rehna hat festen Platz in der mecklenburgischen Geschichte – und ist heute ein Schmuckstück

Im Kreuzgang befand sich zu DDR-Zeiten eine Schießanlage der GST. Heute finden hier Ausstellungen statt. Foto: Katja Haescher

Wer kennt das nicht: Da steht ein schönes Haus in der Straße, hundertmal und öfter ist man schon vorbeigegangen. Aber was verbirgt sich hinter der Fassade? Welche Geschichten stecken hinter den Mauern, wer geht hier ein und aus? Denn schließlich sind Geschichten von Häusern immer auch Geschichten von Menschen. In dieser Serie wollen wir gemeinsam mit Ihnen hinter Fassaden blicken. Diesmal: im Kloster Rehna, in dem Vergangenheit lebendig wird.

Das Krönchen sitzt schief auf dem Kopf, die Frisur derangiert. Und auch die Lampe mit dem Öl ist umgekippt – die junge Frau scheint eine echte Schlafmütze zu sein. Ganz anders ihr Gegenüber: Die Haare adrett, die Lampe bereit. Das Gleichnis von den törichten und den klugen Jungfrauen, im eins_tigen Kloster in Rehna ist es in Stein gemeißelt. Die Konsolsteine unter den Gewölberippen des Gäs­te­refektoriums zeigen das in der Kunst häufig aufgegriffene biblische Thema – und zwar auf besonders schöne Weise, wie Antje Reinhold, Mitarbeiterin der Klos­ter- und Stadtinformation meint. Die Bildnisse gehören zu den Kunstschätzen einer Anlage, die seit 1237 mecklenburgische Geschichte mitschreibt.

In jenem Jahr wurde das Kloster gegründet – ausgehend von einer Prämonstratenseranlage in Ratzeburg. Unter dem Benediktinerorden gestartet, gehörten die Rehnaer Nonnen vermutlich ab 1319 ebenfalls dem Prämonstratenserorden an. Diese Gemeinschaft, die den Namen ihrem Entstehungsort Prémontré verdankt, wurde 1121 von Norbert von Xanten ins Leben gerufen.

Der Ort Rehna war zur Entstehungszeit des Klosters noch jung: Im Zuge der Ostexpansion unter Heinrich dem Löwen gegründet, waren es Siedler aus dem Hessischen, die auf dem heutigen Kirchplatz den ersten Pflock einschlugen. Sie brachten nicht nur ihre komplette Habe mit, sondern auch den Namen ihrer heimatlichen Siedlung – Rhena. Mit dem Kloster nahm der Ort weiter Aufschwung: Gottfried von Bülow, dessen Familienname mit der mecklenburgischen Geschichte eng ver­bunden ist, war einer der Gründungsstifter – und so schmückt das Bülowsche Wappen noch heute einen der Schlusssteine im Gästerefektorium.

Neben dem bis auf den Westflügel erhaltenen Kreuzgang entstanden die wichtigen Gebäude einer klösterlichen Klausur: Kapitelsaal, Skriptorium, Nonnenrefektorium und darüber das Dormito­rium. Von diesen Gebäuden gibt es heute nur noch Grundmauern.

Wie war es nun, so ein Klosterleben? Nicht immer angenehm – das steht fest. Ein nach römischem Vorbild angelegtes Hypocaustum, eine Art mittelalterliche Fußbodenheizung, schaffte es im Winter vermutlich nur, die Raumtemperatur im Skriptorium etwas über dem Gefrierpunkt zu halten. „Die Nonnen müssen mächtig gefroren haben“, sagt Antje Reinhold. Dazu kam das frühe Aufstehen zum ers­ten Stundengebet, das mitten in der Nacht stattfand. Der Rhythmus der Gebete prägte den Arbeitstag der Schwestern, die direkt vom Dormitorium über einen Dachboden des Kreuzgangs zu ihren Plätzen auf der Nonnenempore gelangten.

Mit rund 30 Nonnen und 60 Laienschwestern war Rehna ein großes Kloster und – wie alle Frauenklöster – eine Versorgungseinrichtung. Die Ordensfrauen stammten in erster Linie aus Lübecker Patrizierfamilien, die hier unverheiratete Töchter unterbrachten. Diese konnten dann trefflichst fürs Seelenheil der Angehörigen beten – eine gute Sache, die man sich einiges kosten ließ. Schenkungen ließen das klösterliche Vermögen wachsen.

Nach der Reformation wurde das Kloster 1552 aufgelöst und der Besitz zum Leibgedinge – also einer Rente – der Herzogswitwen. Das so genannte Lange Haus blieb 180 Jahre Witwenstift. Später zogen in die verschiedenen Gebäude Forstamt und Forstschule ein, ein Teil des Kreuzgangs wurde in jenen Zeiten zum Gefängnis, in denen sich hier auch das Amtsgericht befand. Während der Jahre der DDR war im Langen Haus eine Schule und im Kreuzgang ein Schießstand der GST untergebracht. Und einen guten Blick auf die steinernen Jungfrauen hatten die Kinder, die im nun zum Sportraum gewordenen Saal an der Sprossenwand turnten.

Dank des Engagements von Stadt und Klosterverein Rehna ist die ganze Anlage heute wieder ein Schmuckstück – mit Klostergarten, einer Open-Air-Bühne inmitten der einstigen Klausur und viel Kultur. Im kommenden Jahr ist Rehna Korrespondenzort der Ausstellung „Mit Bibel und Spaten“, mit der in Löwen, Magdeburg und Prag 900 Jahre Prämonstratenserorden gefeiert werden. Und aus dem Gästerefektorium ist ein wunderbares Trauzimmer geworden, in dem sich Paare unter den Augen der klugen und der törichten Jungfrauen das Ja-Wort geben.

Katja Haescher

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