Jens-Hagen Schwadt ist Kopf der Filmklubs Güstrow und überzeugt mit einem besonderen Konzept
Jens-Hagen Schwadt ist Kopf des Filmklubs Güstrow – und damit eines Vereins, der ein bundesweit einzigartiges Modell der Entleihe anbietet, bei dem anspruchsvolle Streifen auch in entlegenen Dörfern vor wenigen Zuschauern gezeigt werden können. Wer die Homepage des Projekts www.dorfkinomachen.de aufruft, das zu den Aktivitäten des Filmklubs Güstrow gehört, findet cineastische Fülle zum Aufblättern: Rund 820 Filme sind dort gelistet, filterbar unter anderem nach Genre und Verleiher. „Besonders gut liefen zum Beispiel die Streifen „Der Junge muss an die frische Luft“, „25 km/h“ und „Gundermann“ – das kann ich der Statistik entnehmen“, sagt Jens-Hagen Schwadt, Koordinator des Filmklubteams und Herr über die Kinowerke. Für diese hat er von den Verleiher Lizenzen erworben und bietet sie als DVD, BluRay, Digitalversion oder eigenen Stream an. Derzeit arbeitet Schwadt mit über 300 Spielstätten bundesweit zusammen. Laufend kommen neue hinzu.
Prozentual ist der Anteil in Mecklenburg-Vorpommern am größten, aber auch in Bayern oder Baden-Württemberg werden Filme des Projekts gezeigt. „Wir bieten ein bundesweit einzigartiges Modell, mit dem anspruchsvolle Filme auch in kleinen und entlegenen Dörfern geschaut werden können. Damit verteilen sich die Kosten auf alle Nutzer, je nach ihren Kapazitäten, und die Risiken werden minimiert.“ Das Geschäftsmodell von „Dorfkino einfach machbar“ sieht zum Beispiel keine Mindestgarantie vor, die ein Film einspielen muss. „Diese 130 Euro können kleine Kinos oft nicht stemmen, weil sie gar nicht so viele Zuschauer zusammenbekommen, dass man auf diese Summe käme“, kommentiert Schwadt. Bei seinem Modell bestellt die Spielstätte, die einen Film zeigen möchte, diesen über die Datenbank auf der Homepage.
Ist der Film am gewünschten Tag lieferbar, erhält sie eine Bestätigungsmail über die Buchung, die auch die Konditionen enthält. Wenig später kommen dann das Medium und ein Plakat dazu, das die Mitarbeiter der Spielstätte aushängen können. Am Ende wird der Preis, den die Spielstätte zahlen muss, danach berechnet, wie viele Leute den Film gesehen haben. 62 Prozent der Einnahmen müssen die Spielstätten an den Filmklub abführen. Dieser bezahlt daraus wiederum den Preis beim Verleiher. „Am Ende gleichen sich die Einnahmen aus Filmen mit vielen Zuschauern mit denen aus Streifen, die nicht so viele Menschen gesehen haben, aus.“
Jens-Hagen Schwadt stammt aus Cottbus und hat Automatisierungstechnik studiert. Da seine Frau aus Güstrow ist, zog er 1990 hierher und begann als IT-Administrator im Bildungsbereich zu arbeiten. Das tut er immer noch und zwar in Vollzeit. „Ich steuere gerne Prozesse“, meint er und bezieht sich damit natürlich auch auf seine Tätigkeit im Filmklub, die er ehrenamtlich ausübt. Einen Vorläufer des Klubs gab es schon vor 1989. Schwadt übernahm 1990. Zunächst betrieb der Klub ein mobiles Kino, das über Land reiste. Daraus entwickelte sich später das jetzige Modell, an dem außer Jens- Hagen Schwadt selbst noch einige andere mitwirken, zum Beispiel in der Programmierung, Logistik und Buchhaltung. „Obwohl immer mehr Spielstätten hinzukamen und der Aufwand immer größer wurde, habe ich bis 2016 noch mit einer großen Excel-Tabelle gearbeitet, in die ich jeden Sonntagabend die Abrechnungsergebnisse eintrug und Abrechnungen erzeugte. Daher bin ich dankbar, dass ich zu dieser Zeit mit Hilfe der Kulturstiftung des Bundes über den Fonds Neue Länder die Datenbank programmieren lassen konnte, die ich heute nutze und die täglich weiterentwickelt wird. Das erleichtert mir und meinem Team die Arbeit sehr“, sagt der 60-jährige.
Die Tätigkeit der Filmklub-Mannschaft war so erfolgreich, dass man im vergangenen Jahr den Programmpreis der DEFA-Stiftung erhielt. Auch in und um Schwerin arbeiten mehrere Spielstätten mit dem Filmklub zusammen. Der „Speicher“ und das „Kino unterm Dach“ in der Landeshauptstadt nutzen zum Beispiel die Angebote des Projekts. Der erste Kooperationspartner im Umland war Groß Brütz, was auf eine Initiative der dortigen Pastorin zurückging. „Unsere Musterspielstätte, die konstant Veranstaltungen organisiert und damit beträchtliche Besucherzahlen erreicht, ist aber Pinnow“, sagt Jens- Hagen Schwadt. Vor kurzem hieß es dort zum 150. Mal „Kino in Pinnow“. „Es begann damals mit dem Film „Verdammt in alle Ewigkeit“. Seitdem zeigen wir als Kultur- und Heimatverein Pinnow deutsche, europäische und internationale Spiel- und Dokumentarfilme – mit wachsendem Zuspruch auf der großen Leinwand im Bürgerhaus“, berichtet Klaus-Michael Glaser, der Vereinsvorsitzende. Die Vorführungen von in der DDR-Zeit in Pinnow gedrehten Filmen, das Open-Air-Kino mit Musikfilmen, das Kinderkino und die adventliche Feuerzangenbowle mit Getränk sind beim Pinnower Publikum besonders beliebt.
Beate Diederichs
www.dorfkinomachen.de