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Mühle mit schwarzer Küche

Natur-Museum in Goldberg bewahrt fachkundig und humorvoll Geschichte(n) einer Landschaft

Die einstige Wassermühle steht direkt am Ufer der Mildenitz. Fotos: Haescher

Wer kennt das nicht: Da steht ein schönes Haus in der Straße, hundertmal und öfter ist man schon vorbeigegangen. Aber was verbirgt sich hinter der Fassade? Welche Geschichten stecken hinter den Mauern, wer geht hier ein und aus? Denn schließlich sind Geschichten von Häusern immer auch Geschichten von Menschen. In dieser Serie wollen wir gemeinsam mit Ihnen hinter Fassaden blicken. Diesmal im Müllerweg 2 in Goldberg, wo das Natur-Museum frisch saniert und konzipiert zum Hinein­gehen lockt.

Da müsste man noch mal einen Zahn zulegen! Wer in der alten Küche des Goldberger Museums steht, kann sich die Herkunft der Redensart vor Augen führen. Hier hängt der Kochtopf noch an einer Kette – ein Zahn mehr brachte die Suppe dichter ans Feuer und zum Brodeln. Umgeben von den geschwärzten Wänden des einstigen Rauchabzugs fällt es leicht, in die Vergangenheit einzutauchen. In Zeiten, als im gemauerten Herd die Flammen loderten, die Küche der wärmste Raum des Hauses war und der aufsteigende Rauch Schinken und Wurst konservierte.

Die „Schwarze Küche“ ist der Kern des 1730 errichteten Gebäudes –nach der Kirche eines der ältesten Häuser Goldbergs. Gebaut wurde es als Wassermühle. Die am Haus vorbeiplätschernde Mildenitz ließ hier das Mühlrad klappern – bis in die Mitte des 19. Jahrhunderts. Zu diesem Zeitpunkt wurde der Spiegel des Goldberger Sees um mehr als einen Meter abgesenkt, um den Serrahn – einst ebenfalls ein See – trockenzulegen. An der Mühle fehlte in der Folge das Wasser und die Bewohner des Fachwerkhauses mussten fortan als Ackerbürger für ihr Auskommen sorgen.

Dennoch sollte die enge Verbindung von Haus und Natur bestehen bleiben und sogar noch Aufschwung nehmen. 1960 zog das Heimatmuseum in die einstige Wassermühle ein. Die Sammlung brauchte mehr Platz: Der Goldberger Maler Heinrich Eingrieber hatte schon 1927 neben der Kirche eine kleine Heimatstube gegründet und viele Gegenstände dem Vergessen entrissen. Sein Nachfolger Hans Hentschel baute die Einrichtung am neuen Standort thematisch weiter aus. „Das Haus wurde zum Bezirksnaturkundemuseum und übernahm viele Stücke aus dem Meeresmuseum Stralsund“, sagt Fred Ruchhöft, der die Einrichtung seit 2018 leitet und die nun gezeigte Ausstellung maßgeblich konzipiert hat.

Denn mit einer im vergangenen Jahr abgeschlossenen Sanierung hat das Museum nun den Sprung in die Gegenwart vollzogen. Ein neu angebauter Funktionstrakt bietet Platz für Empfangsbereich, Tourist-Information und die Museumsbibliothek. Von hier führt der Weg ins alte Fachwerkhaus und von dort zurück in der Zeit: in vergangene Erdzeitalter, von denen Fossilien erzählen, zu den Spuren früher Besiedlung, dokumentiert durch Schmuck und Alltagsgegenstände, durch Wälder und Waldglashütten bis ins bürgerliche Wohnzimmer – wie es die letzte Stiftsdame im benachbarten Kloster Dobbertin dem Museum hinterlassen hat.

Wichtig ist Fred Ruchhöft immer der Blick auf den Alltag: Der Zahnstocher in Fischform, den das Fräulein von Bassewitz im Klosterstift nutzte, aufwändige Stickarbeiten und die Liste des Konditors, der den Kuchen für die Kaffeetafel lieferte, erzählen in einem Raum von einem sorgenfreien Leben fern von Alltagsnöten, während schon eine Tür weiter von der mühseligen Plackerei in der Landwirtschaft die Rede ist.

Und natürlich steht auch Goldberg selbst im Fokus – angefangen bei der Ortsgeschichte über die Herkunft des Namens bis hin zum Vorwurf, die Stadt der drei Lügen zu sein – kein Gold, kein Berg, keine Stadt. Während Fred Ruchhöft diese Unterstellung sofort entkräftet – schließlich stammt Olympiagold-Hochspringer Gerd Wessig von hier und die Berge sind einfach nur nicht ganz so hoch wie anderswo – stellt er sich dem Thema Lügen aktuell mit einer Sonderausstellung zum „Kaukasischen Hangmümmler“ auf besondere Weise. Wer diese Präsentation besucht, hat danach nicht nur viel gelacht, sondern auch erfahren, wie Manipulation und Fake-News funktionieren können und dass kritisches Denken und gesunder Menschenverstand eine wichtige Rolle spielen.

Geöffnet ist Mittwoch bis Freitag von 11 bis 16 und an Sonn- und Feiertagen von 11 bis 17 Uhr sowie im Winter (1. November bis 31. März) Mittwoch bis Sonntag von 11 bis 16 Uhr.

Katja Haescher

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