Der Alte Pferdestall Fahren ist heute Kulturort fern abseits der touristischen Pfade in Westmecklenburg
Wer kennt das nicht: Da steht ein schönes Haus in der Straße, hundertmal und öfter ist man schon vorbeigegangen. Aber was verbirgt sich hinter der Fassade? Welche Geschichten stecken hinter den Mauern, wer geht hier ein und aus? Denn schließlich sind Geschichten von Häusern immer auch Geschichten von Menschen. In dieser Serie wollen wir gemeinsam mit Ihnen hinter Fassaden blicken. Diesmal: In einen alten Pferdestall, der heute Ort für Kunst und Kultur ist.
Insgesamt 165 bunte Stühle hat Olaf Drümmer für die Besucher seiner kulturellen Begegnungsstätte angeschafft. Mit dem Alten Pferdestall im Zurower Ortsteil Fahren hat der 65-Jährige einen einzigartigen Kulturort im Mecklenburger Hinterland ins Leben gerufen.
Drümmer kennt den abgelegenen Ort zwischen Wismar, Neukloster und Warin bereits seit den 1990er Jahren. Er kam immer gern in die Gegend, viele seiner Freunde leben hier. 2019 ließ der Berliner Software-Unternehmer die Welt der Informatik hinter sich, verkaufte seine Firma und zog aufs Land. Unweit seines heutigen Wohnhauses liegt der Alte Pferdestall. Drümmer wollte das historische Gebäudeensemble in erster Linie vor dem Verfall retten. Vor fünf Jahren kaufte er das Mittelstück des Stalls sowie das einstige Gutsverwalterhaus samt weitläufigem Grundstück. Hinter dem Gebäudekomplex erstreckt sich ein herrlicher Garten.
Der Pferdestall gehörte einst zum Gut Fahren, frühere Zweigstelle einer großen Gutsanlage in Klütz. Das baufällige Gutshaus wurde bereits in 1950er Jahren abgerissen. Früher gab es auf dem Gelände auch eine Schmiede. Während der Umbauarbeiten kamen Spuren der Vergangenheit in Form von etlichen Hufeisen zum Vorschein.
Um 1900 wurde der Backsteinbau des Pferdestalls errichtet. Bis in die 1970er Jahre hinein schnaubten hier die Pferde. An den Gebäudeenden sieht man noch die großen Kutschentore und den Innenraum zieren Wandabschnitte mit historischen Fliesen aus jener Zeit. Auch das Gebälk ist noch original.
Letzter Vorbesitzer, von dem Drümmer den Pferdestall übernommen hat, war der Verein „Grüner Grashalm“, der die Räumlichkeiten für Jugendbegegnung und Erlebnispädagogik nutzte.
Die Idee der Nachnutzung der insgesamt etwa 720 Quadratmeter an nutzbarer Fläche im ehemaligen Pferdestall als Kultur- und Veranstaltungsort war schnell gesponnen. Drümmer lag es daran, dem abgelegenen Zurower Ortsteil Leben einzuhauchen. 2019 begann er mit dem aufwendigen Umbau des Pferdestalls zur Kulturstätte. Trotz zahlreicher Instandsetzungsarbeiten konnte der ursprüngliche Gebäudecharakter bewahrt werden. Das Obergeschoss – der einstige Heuboden – war ein langgestreckter durchgängiger Raum. Wo früher Pferdeknechte ohne Heizung und fließendes Wasser untergebracht waren, befinden sich heute komfortable Gästezimmer. Die Übernachtungsquartiere im Pferdestall, als auch im früheren Gutsverwalterhaus, werden an Feriengäste vermietet. Wer in erweiterter Familie oder mit Freunden eine entspannte Zeit in der Natur verbringen möchte, ist hier gut aufgehoben. Die Räumlichkeiten können für verschiedenste Anlässe genutzt werden – so fanden sich im März 20 Astrophysiker von der Universität Potsdam zu einer Projektwoche hier zusammen. Auch Hochzeiten finden im Alten Pferdestall statt – das Gebäude verfügt über zwei 100 Quadratmeter große Festsäle.
Überdies hat Drümmer mit Freunden aus der Region den Kulturverein „Alter Pferdestall Fahren e.V.“ gegründet – ein gemeinnütziger Verein zur Förderung von Kunst, Kultur und Bildung im ländlichen Raum für die Region Westmecklenburg. Der Verein organisiert ganzjährig Kulturveranstaltungen auf dem Gelände, darunter Konzerte und Jamsessions, Klamottentausch und Trödelmarkt nach alter Tradition sowie Lesungen, Filmabende uvm. Künstler wie Dota Kehr und die Jelly Fish Big Band traten unlängst in Fahren auf. Die nächste große Veranstaltung findet am 26. Oktober ab 22 Uhr im Alten Pferdestall statt: „3000 Grad on Tour“. Ein Shuttlebus ist eingerichtet. Laura Prüstel