
Ich mache bald den Abflug. Mich braucht doch keiner mehr, wenn hier demnächst die KI alles übernimmt, eingeschlossen mein neunmalkluges Dahergequatsche über Alltagsquatsch. Und damit meine ich nicht nur das Wetter. Da gucken die Leute ja schon seit Jahren lieber auf die App als aus dem Fenster, wenn sie wissen wollen, ob es regnet.
Nein, ich meine verschiedenste Bereiche des Lebens. Nehmen wir einmal an, KI ersetzt künftig Ornithologen. Sie wissen schon, die lustigen Typen mit Regenjacken und Ferngläsern, die Silbermöwen von Sturmmöwen unterscheiden können. Wo der Fernglasmensch mit Herz für die Natur vielleicht ein Auge zudrückt, könnte der Algorithmus übergroße Möwen-Populationen in der Nähe von Fischbrötchenbuden als falsch einstufen und Maßnahmen einleiten.
Oder diese attraktive Möwe aus dem Ostseebad-Werbeflyer, in die ich heimlich verschossen bin. Bei ihr liegt jede Feder und ihr Schnabel glänzt, aber was soll ich von ihr halten? Fliegt sie nur im Cyberspace? Und: Dürfen echte Lebewesen perspektivisch überhaupt noch auf ein Foto? Ich höre schon meinen Chef: „Weißt du, Matti, du bist eine tolle Möwe und ich schätze deine Arbeit sehr. Aber warum willst du immer noch im Bild rumhängen, wenn KI das ohne krummen Flügel hinkriegt?“ Ja, warum eigentlich? Ich sage es mal so: Wenn schon in der virtuellen Welt kein Platz für mich ist, werde ich in der realen niemals meine Buhne räumen. Darum.
Euer Matti
(notiert von Katja Haescher)