Als Hanna Jehring im Sommer 2017 ihren Job beim SSC Palmberg Schwerin antrat, war es für sie ein bisschen wie nach Hause zu kommen. Nicht nur in die mecklenburgische Heimat, nachdem sie zuvor auf mehreren Kontinenten unterwegs war, sondern auch zurück zum Volleyball.
Aufgewachsen ist sie in Lübtheen und zur Schule gegangen in Hagenow. Mit zwölf Jahren trat sie der Volleyballabteilung des SV Hagenow bei. „Ich habe vorher so viel anderes ausprobiert“, erinnert sie sich. „Reiten zum Beispiel, aber auch Geige und Keyboard spielen; meine Mutter ist ja Musiklehrerin. Das war alles sehr individuell. So bin ich wahrscheinlich auch wegen des Teamgedankens beim Volleyball hängengeblieben.“ Etwa zehn Jahre spielte sie in Hagenow, zuletzt in der Landesliga als Außenangreiferin. „Ein klassisches Volleyball-Leben“, sagt sie. „Dreimal die Woche Training, am Wochenende Punktspiel.“
Zwischendurch fehlte sie dem Verein elf Monate, denn mit 16 Jahren wechselte Hanna nach Brasilien, aber nicht zum Volleyballspielen an die Copacabana, sondern zum Schüleraustausch nach Goiânia, einen Ort nahe der Hauptstadt Brasilia inmitten des riesigen Landes. „Das Schöne war, dass ich mich mal selbst beweisen musste. Und ich wurde ein bisschen geerdet, weil ich dort viele Leute getroffen habe, denen es nicht so gut geht wie uns hier“, sagt sie. Als sie 2002 zurückkehrte, habe sich für sie vieles geändert, während in der Heimat „im Prinzip alles gleich geblieben“ sei.
Nach dem Abitur studierte sie in Lüneburg ab 2004 Angewandte Kulturwissenschaften, eine Verbindung aus Musik, Wirtschaft und PR-Arbeit. In dieser Zeit stellte sie das Musikfestival „Lunatic“ mit auf die Beine. Zum Studium zählten auch ein Aufenthalt in Kuba sowie ein Austauschsemester in Griechenland. Und ein Praktikum bei BMW, wo sie internationale Pressearbeit für Messen und Auto-Neuvorstellungen machte.
Deutsch, Englisch, Portugiesisch, Französisch und ein bisschen Griechisch spricht Hanna seitdem. „Es ist immer schön, Sprachen zu lernen“, sagt sie. Diese Kenntnisse haben der jungen Frau auch in ihrem Job 2006 bei der Fußball-WM in Deutschland geholfen. Damals unterbrach sie ihr Studium, um für die FIFA zu arbeiten. Eigentlich wollte sie, Fußballfan, nur als Volunteer, also Helferin, Teil des großen Sportereignisses sein. Stattdessen stellte der Weltfußballverband sie gleich mal als Assistentin für die Akkreditierung ein. „So war ich als 21-Jährige Chefin von 70 Volunteers, das war schon etwas Besonderes“, blickt sie zurück.
Nach dem Studium arbeitete sie kurz für die Niedersächsischen Musiktage und zog 2009 nach Wien. „Der Liebe wegen“, sagt sie schmunzelnd. In der österreichischen Hauptstadt übernahm sie für ein Schweizer Unternehmen das Veranstaltungsmanagement und betreute Fußballteams. Fünf Jahre weilte sie in Wien, reiste in dieser Zeit jedoch viel durch die Welt, unter anderem nach Neuseeland und nach Patagonien. Und sie schaute sich 2014 in Brasilien live Spiele der Fußball-WM an.
Ja, dieser Sport ließ Hanna einfach nicht los. Bei der folgenden Europameisterschaft wollte sie wieder aktiv dabei sein. Die fand 2016 in Frankreich statt. Sie verlegte ihren Wohnsitz bereits zwei Jahre zuvor also nach Paris. Diesmal kümmerte sie sich für die UEFA um die Sponsoren des Turniers und organisierte Events für Konzerne wie Adidas und Coca-Cola. (Im vergangenen Jahr, sie war bereits beim SSC in Schwerin angestellt, gab sie übrigens parallel nochmal ein kleines Intermezzo beim Fußball, diesmal arbeitete sie für die FIFA bei der WM der Frauen.) Es war eine kurze Rückkehr nach Frankreich, das Land, in dem sich ihr Leben nachhaltig verändern sollte. „Am Tag des 13. November 2015 erfuhr ich, dass ich schwanger war. Das war der Tag, an dem Terroristen Paris attackierten. Ich ging anstatt zum Freundschaftsspiel Frankreich gegen Deutschland im Stade de France, einem der Anschlagsorte, lieber früh ins Bett“, sagt sie.
Eigentlich wollte sie die EM live erleben, blieb aber nur bis zum Beginn der Meisterschaft in Frankreich und zog dann nach Deutschland zurück, wo ihr Sohn Luca zur Welt kam. „Nach der Trennung vom französischen Kindesvater war mir die Nähe zu meiner Familie das Wichtigste. Als sich der Job beim SSC Palmberg Schwerin ergab, wir einen Kitaplatz direkt in der Nähe der Arbeit und eine tolle Wohnung fanden, war der Entschluss für die Landeshauptstadt gefallen“, erläutert die 34-Jährige.
In Schwerin habe sich für sie „der Kreis geschlossen“. Privat wie beruflich sei sie hier wieder glücklich geworden. Sie sagt: „Es ist spannend, zurück beim Volleyball zu sein und manchmal Mäuschen zu spielen, wenn Felix [Koslowski, Cheftrainer – d. A.] den Spielerinnen beim Training etwas erklärt.“ Überhaupt freue sie sich, „nach FIFA und UEFA beim SSC einen super professionellen Spitzenclub und sportlichen Leuchtturm des Landes als Arbeitgeber“ zu haben. Zuständig ist Hanna Jehring beim SSC für „Ticketing und Sponsoring“. Jüngst hat sie zudem das Projekt „Sticker Stars“ mit betreut. S. Krieg
Foto: Für Hanna Jehring hat sich „der Kreis geschlossen“ © Foto: S. Krieg