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Schloss Ludwigslust: Spätbarock und Papiermaché

Versailles des Nordens sagen die einen, alles Pappe die anderen. Irgendwie stimmt beides, denn Schloss Ludwigslust lässt staunen. Herzog Friedrich, genannt der Fromme, ließ den Jagdort seines Vaters zur Stadt ausbauen und das Schloss zur prunkvollen Residenz, in der er nichtsdestotrotz sparte, wo es ging. Aber der Reihe nach.

Die Geschichte von Ludwigslust beginnt mit Christian Ludwig II., der die waldreiche Gegend um das Dörfchen Klenow als Jagdrevier schätzte. Noch bevor er überhaupt den Thron des Hauses Mecklenburg-Schwerin bestieg, ließ er sich dort ein Jagdhaus errichten, das – stünde es noch – auf dem heutigen Schlossplatz zu finden wäre. Überdies musste ein klangvoller Name  her und der lautete dann am 21. August 1754 „von nun an und für die Zukunft Ludwigs-Lust“ – damals noch mit Bindestrich.

1756 starb Christian Ludwig und Friedrich wurde Herzog. Er schätzte die Ruhe in Ludwigs-Lust, plante, das alte Jagdschloss umzubauen. „Aber Friedrich wollte auch repräsentieren. Mit einem Auge schaute er nach Versailles, mit dem anderen nach Sanssouci zu seinem Namensvetter“, sagt Jörg-Peter Krohn, Leiter des Schlossmuseums. Schon unter Christan Ludwig II. hatte der französische Architekt Jean-Laurent Legeay Entwürfe geliefert und dabei sehr großzügig geplant. Mit dem 1756, im Jahr von Friedrichs Regierungsantritt, beginnenden siebenjährigen Krieg wurde jedoch das Geld knapp. Hofskulpteur Johann Joachim Busch, der nach Legeays Weggang mit den Arbeiten betraut wurde, konnte die überdimensionierten Pläne des Franzosen nicht mehr umsetzen. Es wurde also alles ein wenig kleiner – und dennoch inspiriert von den Großen. Zwar reiste Baumeister Busch nicht wie andere Architekten nach Italien und Frankreich, er ließ sich aber von Werken bekannter Architekten aus der herzoglichen Bibliothek anregen. Zwischen 1772 und 1776 entstand hinter dem Jagdschloss das neue Schloss. Zuvor hatte Friedrich mit Blick auf die nötige Baufreiheit das Dorf Klenow mitsamt der Bauerngehöfte kurzerhand umgesiedelt, so dass später mit dem Schloss eine neue Planstadt entstand.

Blick in den Goldenen Saal des Schlosses Ludwigslust foto: Katja Haescher

Den Plan zweier Seitenflügel in Richtung Kirche musste Busch aufgeben – zu teuer. So markiert Schloss Ludwigslust mit seinem Äußeren bereits den Übergang zum Frühklassizismus. Weil auch bei der Innenausstattung gespart werden musste, ging 1773 ein Erlass Friedrichs an alle Amtsstuben:  Altes, unbrauchbares Papier war nach Ludwigslust zu liefern. Hier begann eine zweite Karriere von Steuerakten & Co: als Ornament, Zierleiste und Girlande, Vase, Büste, Postament und vieles mehr. Denn die barocke Pracht des Ludwigsluster Schlosses besteht zum größten Teil aus Papiermaché. Diese Kunst, sagt Museumsleiter Krohn, sollten Besucher unbedingt bewundern – zum Beispiel im prachtvollen Goldenen Saal.

Von dort geht es über weitere Räume in die Gemäldegalerie, die zum Beispiel Schätze von Canaletto beherbergt. Sehenswert sind hier auch die Korkmodelle antiker Gebäude, sozusagen die Rom-Souvenirs des 18. Jahrhunderts. Friedrich Franz I., Nachfolger und Neffe des kinderlosen Friedrich, erwarb eine Kollektion aus der Werkstatt des Korkbildners Carl May, heute eine der größten Sammlungen dieses Künstlers, die in einem deutschen Museum gezeigt wird.

So viel mehr gäbe es noch zu sagen. Über den Pietismus Herzog Friedrichs, der zwar im Sinne tiefer Frömmigkeit Theateraufführungen verbieten ließ, sich aber mit großem Interesse den Naturwissenschaften und der Kunst widmete. Über den Park, in den sich das Schloss wie in ein Landschaftsgemälde fügt und in dem es plätschert und blüht. Über Elfenbeinminiaturen, die für die Brautwerbung eingesetzt wurden, die Marketeriefußböden mit den wunderbaren Mustern, das Mausoleum einer Zarentochter im Park …

2016 wurde die Sanierung des Ostflügels abgeschlossen, aktuell geht es mit dem Westflügel weiter. Schloss Ludwigslust wird immer noch schöner.      

www.mv-schloesser.de