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„Ich werfe nicht gern Dinge weg“

Cornelia Eggenwirth kauft seit rund dreißig Jahren nur Second-Hand-Kleidung. Mit Pullovern, Röcken, Kleidern und Jacken, die andere vor ihr besaßen und die teils vor Jahrzehnten hergestellt wurden, kleidet sie sich individuell und setzt gleichzeitig ein Zeichen gegen die Wegwerfmentalität.  So lag es nahe, dass die heute 67-Jährige vor drei Jahren in Plau am See einen Laden für Mode aus zweiter Hand eröffnete, das „ClassiCo“. Hier finden Kundinnen hochwertige Kleidungsstücke, die nur einen Bruchteil des einstigen Verkaufspreises kosten.

Der Arbeitsplatz ist für viele Menschen nicht unbedingt ein Ort, den sie gerne aufsuchen. Für Cornelia Eggenwirth ist dies anders: „Jeden Tag, an dem ich meinen Laden hier im Zentrum von Plau am See aufschließe, denke ich: Ich komme gern hierher“, sagt die Inhaberin des „ClassiCo“. An einer der Haupteinkaufsstraßen Plaus hat sich die gebürtige Ostwestfälin ihr persönliches Paradies auf fünfzig Quadratmetern eingerichtet. In einem größeren und einem kleineren Raum hängt hier hochwertige Damenmode aus zweiter Hand, nach Farben geordnet und mit Größenetiketten an den Bügeln ausgestattet: Cornelia Eggenwirth bietet Shirts, Pullover, Jacken, Mäntel, Hosen und Kleider von Konfektionsgröße 34 bis zur Konfektionsgröße 54 an. Daneben hat sie in Schränkchen und Schubfächern eine kleine Auswahl an Modeschmuck, Schuhen, Taschen und Gürteln ausgestellt. Auch diese Waren sind bereits getragen, wurden aber von der 67-Jährigen liebevoll gereinigt und aufbereitet. „Gute Sachen halten lange, wenn man sie pflegt“, sagt Cornelia Eggenwirth unter dem interessierten Blick der Hündin „Michen“, eines anthrazitfarbenen Golden Doodles. Das nun zehnjährige Tier begleitet die Wahlplauerin überall hin, seit es wenige Wochen alt war. Im „ClassiCo“ ist die Hündin natürlich als vierbeinige Verkaufsberaterin ebenfalls dabei. „Die meis-ten Kunden reagieren sehr positiv auf sie, was mich freut“, berichtet die Inhaberin des Ladens. Auch die beiden Frauen, die gerade in Cornelia Eggenwirths roter Ecke stöbern und dort zum Pulli gleich noch eine Strickjacke in derselben Farbe finden, streichen dem Tier über den Kopf, als es sich ihnen nähert.

Cornelia Eggenwirth hat in Plau einen Second-Hand-Laden aufgebaut. Ihr Golden Doodle „Michen“ ist im Geschäft immer dabei.
Foto: Diederichs

Cornelia Eggenwirth hat ihr Geschäft für Second-Hand-Mode in Plau am See zwar erst vor drei Jahren eröffnet, kann aber auf ein erfolgreiches Berufsleben im Verkauf zurückblicken. Die gelernte Fachkosmetikerin betrieb unter anderem dreißig Jahre lang eine Agentur für Kosmetikpromotion und bot Schulungen für Verkaufskräfte an. Seit 2011 lebt sie nun an der Mecklenburgischen Seenplatte, wo ihre Eltern herstammen. „Ich war als Mädchen schon einmal hier und wollte gar nicht wieder nach Hause, so schön fand ich alles. Mit meinem Umzug hierher ist daher für mich ein Traum in Erfüllung gegangen. Ich möchte nie wieder woanders leben!“ Ihren anderen großen Plan in die Tat umzusetzen, war nur folgerichtig: „Ich kaufe selbst seit rund dreißig Jahren nur Second Hand. Zudem werfe ich selber nicht gern Dinge weg, weil ich denke: In all diesen Gegenständen steckt die Arbeit von Menschen. Diese sollte man respektieren.“ Im „ClassiCo“ findet man Kleidung, die ihre vorherigen Besitzer jeweils für drei Monate in Kommission gegeben haben. Wenn sie zum ausgehandelten Preis verkauft werden, bekommen die Besitzer einen Anteil. Sonst können sie die Sachen nach dem Vierteljahr wieder abholen. Die Kleidungsstücke stammen nicht nur aus einem großen Netzwerk in Deutschland, das sich Cornelia Eggenwirth bei über zwanzig Inlandsumzügen aufgebaut hat, sondern auch aus dem Ausland. „Es ist alles hochwertige Ware, die über die Jahre gewissermaßen einen Belastungstest durch Tragen und Waschen oder Reinigen absolviert hat und diesen mit Bravour bestand.“ 

Einen Internetauftritt hat Corne-lia Eggenwirths Laden nicht. Wenn man sich ein Bild machen möchte, muss man zu den Öffnungszeiten ins „ClassiCo“ kommen. Diese werden aufgrund der Energiekrise im späten Herbst und Winter eingeschränkt sein. „Da ich in dieser Zeit sonst den Laden stets heizen müsste, auch wenn wenige Kunden kommen, habe ich mich für den November und für den Januar und mindestens den Februar entschieden, nur nach Vereinbarung zu öffnen“, kommentiert die Inhaberin. Ihre Zukunftssicht auf das Modell Second Hand ist jedoch grundsätzlich optimistisch: Sie rechnet damit, dass der Verkauf von Mode, auch höherpreisiger, aus zweiter Hand zunehmen wird, weil die Kundschaft die Vorteile der Kleidungsstücke, die sich bewährt haben, mehr und mehr zu schätzen lernt. Noch ist Cornelia Eggenwirth mit dem „ClassiCo“ Pionierin in der Region. Doch vielleicht wird es mittelfristig weitere Second-Hand-Läden an der Mecklenburger Seenplatte geben, hofft sie. Beate Diederichs