Traditionsreiches Schweriner Hotel war einst Töpferwerkstatt, Zigarrenfabrik und Konzertrestauration
Wer kennt das nicht: Da steht ein schönes Haus in der Straße, hundertmal und öfter ist man schon vorbeigegangen. Aber was verbirgt sich hinter der Fassade? Welche Geschichten stecken hinter den Mauern, wer geht hier ein und aus? Denn schließlich sind Geschichten von Häusern immer auch Geschichten von Menschen. In dieser Serie wollen wir gemeinsam mit Ihnen hinter Fassaden blicken. Diesmal: im Hotel „Elefant“, das hinter schlichter Fassade große Pracht birgt.
Im Schweriner Zoo leben keine Elefanten. Umso mehr Rüssel sind dagegen in der Schweriner Goethestraße zu sehen: Hier macht das Hotel „Elefant“ seinem Namen alle Ehre, denn allein in dem historischen Saal erreichen Elefanten nahezu Herdenstärke. Warum aber nun ausgerechnet der Elefant? Die Begründung dafür liegt in der Geschichte des Hauses, das der Fabrikant Homann 1870 zu einer Tabak- und Zigarrenfabrik ausbauen ließ. Damals hieß die heutige Goethestraße noch Rostocker Straße und Homann hatte in eben dieser eine ehemalige Töpferei erworben und für seine Zwecke umgestaltet. Auf den Tabaksdosen, die Homanns Fabrik verließen, prangte – ganz exotisch – ein Elefantenmotiv. Da war es naheliegend, dass das Tier auch im neuen Saal auftauchte, der zeitgleich
als Vereinsraum und für Gesellschaften entstand. Über den Stuckleisten der Wände sind zahlreiche Elefantenköpfe zu sehen, die dem Saal seinen Namen geben. Die Gäste des heutigen Hotels „Elefant“ genießen hier unter der kunstvoll bemalten Decke und den wachsamen Blicken der Dickhäuter ihr Frühstück. Aber zurück zu Herrn Homann und den Zigarren: Die wurden vermutlich noch geraucht, als Anton Feltmann 1896 in dem Gebäude ein Restaurant mit Pensionsbetrieb eröffnete. Bereits zuvor hatte es einen einfachen Gastraum gegeben, straßenseitig gelegen und an den Saal angrenzend. Der neue Eigentümer war Besitzer einer Brauerei, die sich zwischen der Goethestraße und der Stiftstraße befand. Klar, dass der Ausschank damit gesichert war: „Drum hör‘ auf mich und weil‘ nur dort, wo Feltmann-Biere sind am Ort!“ ließ der Chef auf Werbeplakaten verkünden. Das Restaurant war ein solcher Ort und zu denen, die gern hier weilten, gehörten auch die Mitglieder des humoristischen Elefantenclubs. In Schwerin war das Haus jetzt ein beliebter Treffpunkt, eine Tatsache, die Ende des 19. Jahrhunderts durch den Einbau eines neuen Tanz- und Konzertsaals unterstrichen wurde. Sogar in Reiseführern fand das Restaurant Erwähnung – ging doch der Blick vom Konzertgarten direkt aufs Schloss. Eine innerstädtische Idylle sozusagen, mit Augen- und Ohrenschmaus, von den kulinarischen Freuden der als gut gerühmten Küche
ganz zu schweigen. Hier konzertierten die Musiker des Trompeter- Corps des Artillerie-Regiments Nr. 60, die auf dem Ostorfer Berg stationiert waren, hier fanden im Saal Ausstellungen und Tagungen statt, wurden Stummfilme und Tierschauen gezeigt – letztere allerdings ohne Elefanten. In den 1930er-Jahren dann der nächste Umbau: Am 1. Mai 1936 öffnete das Restaurant „Zum Elefanten“, doch es waren unruhige Zeiten. Immer schneller wechselte das Haus jetzt seine Funktion: Es war Flüchtlingsnotunterkunft nach dem Krieg, dann kurze Zeit erneut Tanzgaststätte, Stadtküche für Bedürftige, Klubhaus der Arbeiter und Intelligenz und schließlich Klubhaus
der Kabelwerker. Heute ist das „Elefant“ wieder ein Hotel mit Restaurant und Eventlocation. Eine Sanierung in den 1990er-Jahren hat viel vom alten Charme des Hauses geweckt – vor allem die Hotelzimmer hatten zahlreiche Ausstattungsdetails verloren, nachdem sie zu DDR-Zeiten zu funktionalen Büroräumen umgebaut worden waren.
Im Zeichen des Elefanten genießen Urlauber hier ihren Schwerin- Aufenthalt.
Katja Haescher