Helenen-Paulownen-Mausoleum entstand für Zarentochter und Enkelin Katharina der Großen
Wer kennt das nicht: Da steht ein schönes Haus in der Straße, hundertmal und öfter ist man schon vorbeigegangen. Aber was verbirgt sich hinter der Fassade? Welche Geschichten stecken hinter den Mauern, wer geht hier ein und aus? Denn schließlich sind Geschichten von Häusern immer auch Geschichten von Menschen. In dieser Serie wollen wir gemeinsam mit Ihnen hinter Fassaden blicken. Diesmal: im Helenen-Paulownen-Mausoleum im Ludwigsluster Schlosspark, das von der Sepulkralkultur des 19. Jahrhunderts erzählt.
Es ist ein stilles Haus. Hier gibt es kein Türenklappern, kein Stimmengewirr. Die Menschen, die hier vorbeikommen, spazieren durch den Schlosspark von Ludwigslust, in dem das Helenen-Paulownen-Mausoleum an eine jung verstorbene russische Prinzessin erinnert.
Helena Paulowna war die Tochter des russischen Zaren Paul I. Als sie am 23. Oktober 1799 den Erbprinzen Friedrich Ludwig von Mecklenburg-Schwerin heiratete, war sie gerade einmal 15 Jahre alt. Schon im Jahr darauf brachte sie ihr erstes Kind zur Welt, den späteren Großherzog Paul Friedrich. Bei der Geburt ihrer Tochter Marie im März 1803 war Helena 18 – und erkrankte kurz darauf an einer Lungenentzündung. Sie starb im September 1803 in Ludwigslust.
Ihr junger Ehemann war untröstlich. Mit einem Mausoleum im Schlosspark ließ er seiner verstorbenen Frau ein sichtbares Denkmal setzen. Dies sollte auch dem besonderen Rang der Zarentochter und Enkeltochter Katharina der Großen gerecht werden: Hatte doch die Eheschließung eine Verbindung zum Hause Romanow und damit zu einer der einflussreichsten Dynastien Europas geknüpft. Dies spiegelte das Denkmal wider: 30.000 Reichstaler standen am Ende auf der Rechnung für die Grabkapelle.
Die Architekten des neoklassizistischen Baus waren Joseph Christian Lillie und Joseph Ramée. Nach ihren Entwürfen entstand zwischen 1804 und 1806 ein Gebäude mit rechteckiger Grundfläche, dessen Eingang von vier dorischen Säulen geschmückt wird. Hierher wurden die sterblichen Überreste von Helena Paulowna nach der Fertigstellung überführt – die junge Erbprinzessin war zunächst in der Ludwigsluster Stadtkirche beigesetzt worden.
Da Helena Paulowna auch nach der Hochzeit mit Friedrich Ludwig die russisch-orthodoxe Religion behalten hatte, schmückt ihren Prunksarkophag in der Grabkapelle ein russisch-orthodoxes Kreuz mit drei Querbalken. Der aus italienischem Carrara-Marmor gefertigte Steinsarg und ein weiterer, der für ihren Ehemann vorgesehen war, befanden sich ursprünglich im Zentrum der Kapelle.
Im Jahr 1819 folgte der nunmehrige Erbgroßherzog seiner Frau – ohne je an die Regierung gelangt zu sein. Allerdings sollte das Paar im Tode nicht unter sich bleiben. Denn inzwischen waren in der Kapelle bereits die zweite Frau Friedrich Ludwigs und ein früh verstorbener Sohn beigesetzt worden; weitere Familienmitglieder folgten.
Eine Bestattung im Jahre 1897 veränderte dann die komplette Hierarchie innerhalb der Grabkapelle: Friedrich Franz III., der Urenkel Friedrich Ludwigs und Helena Paulownas, hatte den Ort für seine letzte Ruhe gewählt. Der Platz im idyllischen Schlosspark erschien dem Großherzog gegenüber der Grablege im Schweriner Dom weniger prominent.
Aufs öffentliche Zur-Schau-gestellt-werden nach dem Tode verspürte er wenig Lust und so wurde er im April 1897 in Ludwigslust beigesetzt. Zuvor war das Mausoleum umgebaut worden: Die Sarkophage Friedrich Franz III. und seiner Frau Anastasia befinden sich nun, flankiert von den anderen, im Zentrum des Raums. Mit Anastasia, Großfürstin und Enkeltochter des Zaren Nikolaus I., fand ein weiteres Mitglied der Familie Romanow in dem Mausoleum die letzte Ruhe.
Nach Ende des Zweiten Weltkriegs wurde das Helenen-Paulownen-Mausoleum wie das auch im Schlosspark gelegene Louisen-Mausoleum geplündert und beschädigt. Ab 1970 nutzte das Museum für Ur- und Frühgeschichte den Raum als Depot. 2002 begann die Sanierung der Grabkapelle, die sich wie Schloss und Park in der Obhut der Staatlichen Schlösser, Gärten und Kunstsammlungen MV befindet und ein Stück Geschichte des Großherzogtums Mecklenburg-Schwerin abbildet.
Katja Haescher