Ich bin im Großen und Ganzen mit mir zufrieden. So als Möwe, meine ich. Selbst in großen Formationen gleiten wir friedlich kreischend dahin und kommen uns nicht ins die Quere – von Auseinandersetzungen ums Futter mal abgesehen. Menschen dagegen scheinen gern anderen im Weg zu stehen.

Da sitze ich zum Beispiel in einem berstend vollen Einkaufszentrum auf der Rolltreppe und freue mich, dass ich bald absteigen darf. Da macht es plötzlich „Rumms!“ und mein Schnabel bohrt sich schmerzhaft in den Mantel der Frau vor mir. Die ist am Ende der Rolltreppe kurz stehengeblieben, um mit ihrem Mann zu beratschlagen, welche Richtung sie wählen sollen. Rechts? Links? Geradeaus, und wenn es nur ein Meter ist, möchte ich rufen, aber leider erstickt meine Stimme in der Kunstdaune.
Oder neulich im Restaurant. Die nette Kellnerin hatte mir einen Tisch in der Ecke zugewiesen. Leider war der Weg dorthin von einer Familie verstellt, deren Mitglieder sich gerade die Jacken anzogen. Alle bis auf den kleinen Emil, denn der hatte keine Lust und war auch sonst mit der Gesamtsituation unzufrieden. Statt sich den Hosenscheißer jetzt vor- und dabei den Anorak zuzuknöpfen, sagte der Vater: Augenblick bitte! und diskutierte es mit ihm aus. Auf Augenhöhe natürlich, wobei er im Gang hockte. Ganze fünf Minuten! Ehrlich, aus dem Jungen wird mal was! Und wenn es nur jemand ist, der anderen den Weg versperrt.
Euer Matti
(notiert von Katja Haescher)