Den Ring, den Peter Sonntag an der rechten Hand trägt, hat er selbst angefertigt. Es ist sein Ehering. „Eigentlich soll es ja Unglück bringen, wenn der Goldschmied seinen eigenen Ehering herstellt“, sagt er. Dieser Aberglaube gehe darauf zurück, dass der Ring keinen Anfang und kein Ende erkennen ließe und damit die Unendlichkeit symbolisiere. Der Goldschmied aber wisse die Stelle, an dem die Enden des Metallstreifens zu einem Kreis zusammengefügt wurden. Schmunzelnd fügt er hinzu: „Ich bin nicht abergläubisch.“
Als Jugendlicher nahm er sich vor, einen handwerklichen Beruf zu ergreifen. Was genau, wusste er noch nicht. Während seines Freiwilligen Jahres bei der Denkmalpflege Schwerin, das er direkt nach der elften Klasse absolvierte, wollte er ein bisschen ins Handwerk reinschnuppern. „Ich habe dort mit Malern, Maurern und Zimmerern zusammengearbeitet. Das waren mir alles zu grobe Arbeiten, und mir war schnell klar, so einen Job will ich nicht ein Leben lang machen. Ich hatte dort als Helfer auch kaum mit dem eigentlichen Handwerk zu tun.“
Er lernte erstmal den Beruf des Veranstaltungskaufmanns. Ausbildungsbetrieb war das Kino „Mega Movies“, dort hatte er sich bereits als Schüler ein bisschen Taschengeld verdient. Die Ausbildung war für ihn nur ein Notnagel, weil er nach dem Dienst bei der Denkmalpflege nicht recht wusste, was er sonst anstellen sollte. „Fast drei Jahre habe ich durchgezogen“, blickt er zurück, „aber kurz vor der Prüfung habe ich hingeschmissen, damit ich gar nicht erst in Versuchung komme, in diesem Job zu arbeiten.“ Es sei einfach nicht das gewesen, was er sich unter dem Beruf Veranstaltungskaufmann vorgestellt habe, sagt er.
Kurz darauf zog der Schweriner mit seiner Freundin, mit der er heute verheiratet ist, nach Mönchengladbach um, weil sie dort einen Studienplatz fand. Er schaute sich nach einer Ausbildung in der Region um – jetzt sollte es doch wieder etwas im Handwerk sein – und erfuhr: Ein Goldschmied suchte einen Azubi. Peter Sonntag arbeitete bei ihm kurz zur Probe und stellte schnell fest: Ja, das ist es, was ich machen will. Es folgten dreieinhalb Jahre Lehre in Düsseldorf und ein halbes Jahr Arbeit bei dem Goldschmied.
Dann zog das Paar nach Wittenförden bei Schwerin, die alte Heimat. Sie waren gerade Eltern einer Tochter geworden und wollten ihr Familienglück in der gewohnten Umgebung genießen. Er fand eine Anstellung bei „Schoop Design“ in Schwerin, wo er heute, vier Jahre später, immer noch arbeitet und auch bleiben möchte.
Aber was genau macht ein Goldschmied wie er eigentlich den ganzen Tag? „Meistens beschäftige ich mich mit Einzelanfertigungen an Schmuck, hauptsächlich Fingerringe, Ohrringe und Anhänger“, sagt der Dreißigjährige. Hinzu kämen Reparaturen, Aufarbeitungen und Stücke auf Kundenwunsch. Manche Kunden tragen auch sehr spezielle Wünsche vor. So hat er schon mal eine Anstecknadel mit einem Stachelschweinstachel verziert und einen Fingerring mit einem versteinerten Seeigel. „Es macht mir Spaß, wenn ich gemeinsam mit Kunden Objekte entwickeln kann“, sagt er.
Solche Aufträge bilden die Ausnahme. Eher entwirft er die eine oder andere eigene Kreation. Modelle, die von ihm stammen, seien leicht zu erkennen, sagt er mit einem verschmitzten Lächeln: „Die sind nicht so filigran und fein, wie sonst vor allem Frauen arbeiten.“
Das sieht man auch an seinem Ehering. „Der unterscheidet sich recht deutlich von den meisten anderen Eheringen. Schon allein, weil er nicht den üblichen ovalen, sondern einen konkaven Querschnitt hat“, erläutert er und dreht den Ring dabei auf dem Finger hin und her. „Ich habe ihn nicht gleichmäßig, sondern grob gefeilt. Er soll auf diese Weise ein bisschen unfertig wirken, so dass man noch gut das Handwerkliche sieht.“ Der Ring, den er seiner Frau bei der Hochzeit vor zwei Jahren ansteckte, habe dieselbe Optik, sei jedoch zusätzlich mit einem Stein verziert.
Seine Liebe zu dem Handwerk möchte Peter Sonntag gern an den Goldschmiedenachwuchs weitergeben. „Ich kann mir gut vorstellen, später Ausbilder zu werden“, sagt er.
Aber erstmal kümmert er sich daheim um den eigenen Nachwuchs. Inzwischen haben die Sonntags zwei Kinder. Vor zwei Jahren gesellte sich zum Töchterchen Amalia der kleine Leonard. Vor und nach der Arbeit gehört den Kindern Peter Sonntags ganze Aufmerksamkeit. Da fehlt dann schon mal die Zeit für seine Hobbys wie Romane lesen, Briefmarken sammeln, Filme schauen. Aber er mag seine Rolle als Vater. „Es läuft in der Familie alles bestens“, sagt er. „Der selbst angefertigte Ring hat mir kein Unglück gebracht“, fügt er lächelnd hinzu. S. Krieg