Der Verein „Denkstätte Teehaus Trebbow“ will an den Widerstand gegen Diktaturen in Deutschland erinnern und die Zivilcourage stärken – wie gehen Sie diese selbst gestellten Aufgaben an?
Wir organisieren Sonderausstellungen im „Teehaus Trebbow“ mit Begleitprogramm, Vorträge zur jeweiligen Thematik, die „Teehausgespräche“ mit Zeitzeugen und Historikern. Die Ausstellungen der letzten Jahre können kostenlos beim Verein ausgeliehen, Führungen gebucht werden. Wir widmen uns der Regionalgeschichte und haben die Website www.widerstand- mv.de mit über 6000 Einträgen gestaltet. Geschichte vor Ort wird so für Kinder und Jugendliche begreifbarer. In der heutigen Zeit der nationalen und internationalen Auseinandersetzungen und Kriege ist es wichtig zu zeigen, dass Konflikte auch anders als durch Gewalt gelöst werden können, dass es auf das Handeln jedes Einzelnen ankommt und es Optionen gibt. Demokratie braucht Demokraten.
Dieses Jahr stand ganz im Zeichen des 120. Geburtstags von Tisa von der Schulenburg am 7. Dezember. Was fasziniert Sie persönlich an dieser Künstlerin?
Tisa von der Schulenburg ist für mich eine bedeutende und vielseitige Künstlerin des 20. Jahrhunderts und eine bemerkenswerte Frau. Aufgewachsen in einer konservativen Adelsfamilie, die frühzeitig hitlertreu war, ging sie ihren eigenen Weg an der Seite der Schwachen und Entrechteten, gab ihnen künstlerisch ein Gesicht, ob den Bergleuten in Durham oder im Ruhrgebiet, den Lepra-Kranken in Äthiopien und den Menschen des Widerstands, zu denen ihr Bruder Fritz-Dietlof gehörte. Sie ist für mich ein Mensch mit Zivilcourage, insbesondere in der NS-Zeit auf dem Gut ihres damaligen Mannes C.U. von Barner in Klein Trebbow, als sie dem NS-Ortsgruppenleiter die Stirn bot. Trotz ihrer Zweifel an sich selbst hat sie stets zu ihren Überzeugungen gestanden und sozial gehandelt.
Wie war die Resonanz auf die angebotenen Veranstaltungen in diesem Jahr, wie schätzen Sie die Nachwirkung ein?
Anlässlich des runden Geburtstages hat unser Verein mit Unterstützung vieler Partner drei Sonderausstellungen, mehrere Lesungen und Vorträge auf Schloss Tressow organisiert, die sehr gut besucht waren. Insgesamt kamen fast 700 Gäste aus Mecklenburg, Berlin, Brandenburg und NRW. Folgeveranstaltungen sind geplant. Elisabeth Ruge, Großnichte von Tisa, wird im November Gast an der Regionalschule mit Gymnasium Dorf Mecklenburg sein. Die Veranstaltungen haben bewirkt, dass es nächstes Jahr weitere Lesungen und Projekte zum Thema an Schulen in MV geben wird.
Wie gelingt es, Jugendliche anzusprechen und für das Thema zu sensibilisieren?
Wir bemühen uns, die Jugendlichen mit nmodernen Medien zu interessieren. Gemeinsam mit einem Medienpädagogen gestalten wir eine Podcastreihe zu Tisa von der Schulenburg. Für 2024 ist geplant, zum Thema „Widerstand in meiner Umgebung“ zu recherchieren. Regionalgeschichte ist Geschichte vor der Haustür – und spannend.
Welche Pläne gibt es in der Denkstätte fürs kommende Jahr?
80 Jahre nach dem Hitler-Attentat wird im Mittelpunkt das Gedenken an die Männer des 20. Juli stehen, insbesondere an Schulenburg und Stauffenberg, die sich Ostern 1944 zur Vorbereitung des Attentats in Klein Trebbow getroffen haben. Mit einer Sonderausstellung, Lesungen und der neu gestalteten Website „Widerstand in MV“ werden wir u.a. Bildungsangebote für Schulen unterbreiten.
Interview: Katja Haescher