Rund 100.000 Strandkörbe soll es an deutschen Stränden geben. Und längst hat das Sitzmöbel sein natürliches Habitat verlassen: Strandkörbe sind im Garten und auf der Terrasse zu finden, im Gebirge und am Baggersee.
Wilhelm Bartelmann, der der Welt diesen Traum aus Weidengeflecht schenkte, wurde am 7. Oktober vor 175 Jahren in Bergedorf bei Hamburg geboren. In Rostock eröffnete er als 25-Jähriger eine eigene Werkstatt, in der er es bis zum großherzoglichen Hof-Korbmacher brachte. Hier wäre die Geschichte möglicherweise zu Ende gewesen, hätte nicht eines Tages im Jahr 1882 eine Dame an Bartelmanns Werkstatttür geklopft.
Die Rostockerin Elfriede Maltzahn litt an Rheuma und wollte sich deshalb während der Strandbesuche vor dem oft frischen Küstenwind schützen. Bartelmanns Tüftlergeist war geweckt: Aus Weidenflechtwerk und Rohr konstruierte er für die Kundin einen überdachten Stuhl, der am Strand von Warnemünde vermutlich für viel Aufmerksamkeit sorgte. Anders lässt es sich nicht erklären, dass Bartelmanns Frau Elisabeth bereits im folgenden Jahr in Warnemünde eine Strandkorbvermietung gründete – allerdings noch nicht unter diesem Namen. „Von Strandstühlen als Schutz gegen Sonne und Wind“ war damals noch die Rede, der Begriff „Strandkorb“ bürgerte sich erst später ein.
Und ob Korb oder Stuhl: Der geflochtene Sessel war vielleicht noch nicht komplett im Sprachgebrauch verankert, dafür aber an den Stränden angekommen.
Weil Wilhelm Bartelmann kein Patent auf seine Erfindung angemeldet hatte, flochten jetzt auch andere Korbmacher Strandkörbe. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts gründeten zwei ehemalige Gesellen Bartelmanns Fabriken zur Herstellung der überdachten Sessel.
Wohl kaum ein Produkt ist so typisch deutsch wie der Strandkorb made in MV. Das zeigt sich auch daran, dass es mit „beach chair“ zwar einen Übersetzungsversuch ins Englische gibt, dort aber auch das Wort „strandkorb“ gebräuchlich ist. Inzwischen hat der Strandkorb auch als Botschafter Karriere gemacht: Die Erfindung Wilhelm Bartelmanns ist sympathischer Werbeträger für Mecklenburg-Vorpommern – assoziiert der Strandkorb doch wie kaum ein anderer Gegenstand Sommer, Sonne und Leichtigkeit.