Ausstellungsreihe „Ortszeit“ beschäftigt sich mit vergessener Geschichte
Die Anfang Mai eröffnete Ausstellung der Reihe „Ortszeit“ ist noch bis zum 21. Juli in der Nordkapelle des St.-Marien-Kirchturms in Wismar zu sehen. „Ortszeit“ ist eine Projektreihe. Sie bringt Kunst an Orte junger, fast vergessener Geschichte, um die Spuren wieder sichtbarer zu machen und Gespräche über das Vergangene zu ermöglichen. Die künstlerischen Interventionen in der Nordkapelle von St. Marien beziehen sich auf die vergessenen Orte Tarnewitz und Maurinmühle.
Vor hundert Jahren befand sich vor Tarnewitz eine Sandbank am Ufer der Ostsee. Sie lag zwischen der Lübecker und der Wismarer Bucht. 1935 wurde sie zu einer Halbinsel aufgebaut. Ihr Zweck war es, eine Erprobungsstelle für Flugzeug- und Bordwaffen zu sein. An ihrer Errichtung wirkten Zwangsarbeiter mit. Zu DDR-Zeiten lag Tarnewitz im Grenzgebiet. Dort wurden Menschen daran gehindert, das Land zu verlassen. Heute ist der „Tarnewitzer Huk“, der Großteil des Gebiets Tarnewitz, ein Naturschutzgebiet. Direkt angrenzend liegt ein Yachthafen.
Maurinmühle war im Mittelalter eine Getreidemühle. Im beginnenden 20. Jahrhundert wurde das ehemalige Wohnhaus der Müllerfamilie als Fremdenpension, Lungenheilanstalt, Erholungsheim und später als Kinderheim genutzt. In den 1940er Jahren brach das dunkelste Kapitel dieses Ortes an: Im Kinderheim wurden die Säuglinge polnischer, ukrainischer und russischer Zwangsarbeiterinnen untergebracht, bewusst vernachlässigt und zu Tode „gepflegt“. Das DDR-Regime demontierte und tilgte die physischen Spuren.
An dem Projekt „Ortszeiten – Künstlerische Interventionen“ sind die Künstler Janet Zeugner, G.B. Nöh, Annette Czerny, Rico., Ramona Seyfarth, Renate U. Schürmeyer, Udo Rathke und Susanne Gabler beteilgt. Die geschichtswissenschaftliche Begleitung erfolgt durch Lukas Augustat von der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg und Dr. Florian Ostrop von der Stiftung Mecklenburg. www.ortszeiten.eu