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Ohne Wasser geht es nicht

Fischerin Diana Rehbohm liebt den Schaalsee und ihren vielseitigen Beruf

Ein seltener Anblick: Mit einer Tasse Kaffee am See sitzen – dafür hat Diana
Rehbohm im Alltag kaum Zeit. Foto: Katja Haescher

Der Blick auf den See ist zauberhaft. Wellen schwappen, Sonnenflecken tanzen auf dem Wasser und manchmal stößt eines der Ruderboote sacht gegen den Anleger. „Hier habe ich schon lange nicht mehr gesessen“, sagt Diana Rehbohm, als sie ihre Tasse auf den Holztisch stellt, an dem sonst Urlauber ihre Fischbrötchen mit Seeblick essen. Denn zum Sitzen kommt die Chefin der Schaalseefischerei an einem normalen Arbeitstag nur selten – es sei denn, am Schreibtisch.
Seit zwölf Jahren führt sie das Unternehmen und ist damit in die Fußstapfen ihres Vaters getreten. Allerdings nicht gleich, denn eigentlich lautete ihr Berufswunsch Schneiderin. Als dieser Traum platzte, wurde Diana Rehbohm Wirtschaftskauffrau. Arbeitsort: das Büro. Hier vermisste sie den See, den Blick, die Freiheit. Obwohl Freiheit nicht immer da war in Zarrentin: Der Ort lag im Grenzgebiet, das Bootfahren auf dem Schaalsee war tabu, der Zugang zum Kirchensee am Kloster gleich ganz gesperrt. Fuhren die Fischer auf den See, gab es eine Flaggenordnung, nach der sie von den Grenzpatrouillen identifiziert werden konnten. Dann fiel die Mauer und Diana Rehbohm und
ihre beiden Schwestern badeten zum ersten Mal im Kirchensee.
Auch sonst veränderte die Wende vieles. Aus der Außenstelle Zarrentin des Binnenfischereibetriebs Schwerin wurde die Schaalseefischerei, zusammen mit einem Kollegen wagte Diana Rehbohms Vater hier den Sprung in die Selbstständigkeit. Und irgendwann stand die Frage, wie es mit der Unternehmensnachfolge weitergehen sollte. Unter den drei Töchtern war keine Fischerin. Trotzdem verspürte Diana Rehbohm den Wunsch, am See weiterzumachen. „Ich war damals Zahnarzthelferin, hatte vorher als Wirtschaftskauffrau im Büro gearbeitet“, erzählt sie. „Demgegenüber ist die Arbeit in der Fischerei ungeheuer vielseitig. Mir fehlte die Abwechslung und ich hatte ja auch schon früher gern mitgeholfen.“
Der Wunsch allein reichte aber nicht. Diana Rehbohm setzte sich noch einmal auf die Schulbank und lernte zwischen 1997 und 2000 in der Erwachsenenqualifizierung den Beruf der Fischwirtin. Selbst auf den See fährt sie allerdings nicht: „Die Arbeit ist körperlich sehr anstrengend“, sagt die Unternehmerin. Für die Arbeit an Land trifft das fast genauso zu und oft schon war Diana Rehbohm froh, dass ihre jüngeren Schwestern Physiotherapeutinnen geworden sind.
Morgens um 7 beginnt der Arbeitstag: Brötchen holen und schmieren, den Verkaufstresen vorbereiten, Fisch einlegen. Zwischendurch die Bestellungen am Telefon entgegennehmen und um 9 Uhr den Kunden die Tür aufschließen – dann geht es richtig los. „Oft hat mein Mann zu diesem Zeitpunkt schon geräuchert und mein Kollege holt die Netze ein“, sagt Diana Rehbohm. Eine Fischerei ist immer Teamarbeit. Momentan ist am See Maränenzeit. Der lachsartige Fisch mit seinem festen Fleisch ist ein Markenzeichen des Schaalsees und bei
Feinschmeckern beliebt – ob geräuchert, gebraten, eingelegt oder gegrillt. Nur: Die Fischer holen heute nicht mehr viele Maränen aus dem See. „Seit etwa drei Jahren haben wir eine neue Muschelart, die Quagga-Muschel, eine invasive Art, die das Wasser filtriert“, sagt Diana Rehbohm. Das macht den See klar – die Maräne allerdings ist
bei der Nahrungssuche auf Plankton angewiesen.
Wenigstens reichen die Fänge in diesem Jahr wieder, um den Appetit der Besucher auf den Edelfisch zu stillen. Oft steht die Chefin selbst in der Küche, um den Fang weiter zu verarbeiten. Das Rezept von der roh eingelegten Maräne, das noch von der Frau des alten Schaalseefischers stammt, ist allerdings geheim.
Bleibt bei so viel Trubel überhaupt noch Zeit, den See zu genießen? Manchmal schnappt sich Diana Rehbohm ein Handtuch und taucht für fünf Minuten unter. Wenn es der Alltag zulässt, liebt sie es zu walken und Rad zu fahren, ein Buch zu lesen, zu stricken. „Aber letzteres nur im Winter“, fügt sie lachend dazu.
Wünsche für die Zukunft hat sie einige. Dass der See wieder mehr Fisch hat, beispielsweise. Gesundheit natürlich und dass die Menschen es schaffen, im Alltag ein bisschen freundlicher und weniger fordernd miteinander umzugehen. „Obwohl“, korrigiert sie sich, „es ist eine Minderheit, die dadurch auffällt und oft nur lauter ist als die große Mehrheit.“ Diana Rehbohm hat für jeden ein freundliches Wort. In einer Stadt wie Zarrentin kennt man sich und eigentlich kommt jeder mal unten am See vorbei. Natürlich muss auch die fleißigste Fischerin einmal Urlaub machen. Das ist dann meist im Winter der Fall. „Oft zieht es uns nach Fuerteventura“, sagt die Mecklenburgerin. Und das nicht nur, weil sie dann reif für die Insel ist: „Urlaub ohne Wasser“, sagt Diana Rehbohm, „das geht eigentlich gar nicht.“
Katja Haescher