Viele Wege führen nach Rom. Die Bundesstraße 191 führt sogar mitten hindurch. Durch Rom im Landkreis Ludwigslust-Parchim, 800 Einwohner, eine winzige Kirche. Es ist nur einer von vielen Orten in Westmecklenburg, deren Ortsschilder für „Ohs“ und „Ahas“ von Durchfahrenden sorgen. Und natürlich Fragen aufwerfen: Gibt es in der Schlagsdorfer Gegend viel Zoff ums Heiligeland? Wohnen in Schabernak besonders viele Spaßvögel? Wie schlau sind die Leute in Dümmer und wie schweigsam die in Quassel? Und was tun die Zwölf Apostel in der Gegend von Wittenburg und Fräulein Steinfort an der B 208?
Kuriose Ortsnamen in Mecklenburg-Vorpommern füllen ganze Bücher. Natürlich stecken dahinter auch jede Menge Geschichten. Und eine gehörige Portion Onomastik – so die Lehre von der Namenforschung. Die ältesten Ortsnamen hierzulande stammen aus slawischer Zeit. Oft leiten sie sich von Bezeichnungen für Tiere und Pflanzen her oder sind aus Personennamen entstanden. Rom, das in früheren Zeiten auch Rome, Roma oder Rohm hieß, war nichts weiter als der „Ort des Rom“. In Medewege bei Schwerin steckt das slawische Wort „Medwedj“ für Bär. Und Dabel erhielt seinen Namen von dort wachsenden Eichen.
Als mit den Wendenkreuzzügen Heinrich des Löwen deutsche Siedler ins Land kamen, entstanden die jüngeren deutschen Ortsnamen. Endungen wie -burg oder -hagen sind hier typisch. Der Namenszusatz „Groß“ verweist auf germanische Siedlungen, „Klein“ auf slawische und damit ältere Orte.
Natürlich ranken sich um lustige Ortsnamen auch lustige Geschichten. Findenwirunshier bei Dömitz hieß noch im 15. Jahrhundert Vinzire. Dass dieser Name immer länger wurde, soll an der Geschichte zweier Brüder gelegen haben, die sich auf der Brücke an der ehemaligen Wassermühle nach vielen Jahren wiedersahen. Und was sagt man bei dieser Gelegenheit? „Oh, finden wir uns hier!“ Genau! Ein ganzer Satz ist auch Grundlage des Namens von Kiekindemark bei Parchim. Der hoch gelegene Ort bot eine gute Rundumsicht und es war auch nicht verkehrt, zur Abwehr von Raubrittern regelmäßig in die Mark zu gucken. Das erwähnte Heiligeland bei Schlagsdorf wiederum entstand aus dem plattdeutschen „Hilgenland“. Ob dies auf eine Bezeichnung für Abseiten in alten Bauernhäusern zurückgeht oder doch auf ein altes Heiligtum hindeutet – wer weiß.
Viel wäre noch zu erzählen. Vom Wegweiser nach Nutteln bei Sternberg, an dem Spaßvögel immer wieder das „l“ überkleben. Von den Orten Groß Mist und Klein Mist in der Nähe von Schönberg, die 1956 in Neuleben umbenannt wurden – ob die DDR-Oberen Namenswitze fürchteten? Unter solchen haben manchmal Sternberg und Schönberg, besonders aber Goldberg zu leiden. Die Stadt der drei Lügen sei es, heißt es im Volksmund. Kein Gold, kein Berg, keine Stadt …
Und da wir schon einmal bei den Geschichten sind, soll auch der Kreis zu Rom geschlossen werden. Es begab sich im 19. Jahrhundert, dass ein Berliner Sommerfrischler am Plauer See in einem Lokal mit seiner Weltgewandtheit prahlte. Ein Bauer bot ihm eine Wette an: Er würde anspannen und nach Rom fahren und von dort noch am Abend mit dem Wetteinsatz, einem Fass Bier, zurücksein – und die Unterschrift vom Papst brächte er auch noch mit. Der Berliner schlug ein und lachte über den einfältigen Provinzler, der anscheinend die Entfernungen nicht richtig auf dem Schirm hatte. Der Bauer kutschierte gemütlich nach Rom bei Parchim, lud das Bier auf und ließ Bürgermeister Pabst einen Wisch unterschreiben. „Schweig mir von Rom!“ soll der geleimte Wettpartner daraufhin gerufen haben – übrigens viele Jahre der Name einer Gaststätte am Plauer See.
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