Als Möwe bin ich weder ein Zugvogel noch halte ich Winterschlaf. Warum auch – das Leben ist spannend und zeigt sich immer wieder von der überraschenden Seite. Das bestätigte mir unlängst auch eine Freundin, als sie von einem Spaziergang in ihren winterlichen Garten zurückkehrte. Alles sei so friedlich gewesen, meinte sie. Die Blümelein hätten unter der Schneedecke geruht und die blätterlosen Bäume den grauen Himmel gekratzt. Nur die vor der Laube liegende Axt habe der romantischen Szene etwas von ihrer Unschuld genommen.
Was soll ich sagen. Sie musste feststellen, dass ein Unbekannter ihre Gartenlaube aufgesucht hatte. Eingebrochen könne man nicht sagen, meint meine Freundin. Es sei ja nicht abgeschlossen gewesen. Das macht sie nie, weil das Wertvollste in der Holzhütte der gut in der Hand liegende Spaten ist. Deshalb wunderte sie sich auch, dass sich der Eindringling überhaupt die Mühe gemacht hatte, die Schubladen aus dem Schrank zu reißen und zu durchwühlen. Allerdings hat er die Nägel unterschiedlicher Größe, das abgerissene Stück Dachpappe und die Tüten mit dem Vogelfutter dann doch nicht mitgenommen. Letzteres finde ich besonders anständig.
Meine Freundin gibt mir recht und sieht als Bilanz gleich zwei Dinge auf der Habenseite. Das erste wäre ein bald umgesetzter guter Vorsatz, den sie seit sechs Jahren hegt, nämlich endlich mal die Gartenlaube aufzuräumen. Und das zweite ist eine sehr schöne Axt.
Euer Matti
(notiert von Katja Haescher)