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Wo Schlösser zum Entdecken und Flanieren locken

Schweriner Schloss und Willigrad

Ein anständiger Schlossgeist muss schon sein. Kein Bösewicht, der in dunklen Ecken spukt, sondern einer mit gutem Herzen, Anstand und Moral. Und Witz natürlich, einer, der die Schlechten auch schlecht aussehen lässt und die Guten belohnt. Es ranken sich viele Geschichten ums Petermännchen und wer ins Schweriner Schloss kommt, wird den Kobold mit Federhut und Halskrause ganz sicher entdecken.

Foto: Rainer Cordes / Katja Haescher

Und noch viel mehr: Da gibt es den Thronsaal mit seiner ausladenden Pracht, die Schlosskirche mit dem romantischen Sternenhimmel und die Ahnengalerie, die neben dem Blick auf die Stammtafel der Mecklenburger Dynastie auch zeigt, wie die Herren-Strumpfhosenmode im 15. Jahrhundert aussah. Und draußen erst: Schon von Weitem blinken die goldglänzenden Turmspitzen, strahlt der helle Stein der Fassade und blühen die Rosen im Burggarten mit denen im barocken Schlossgarten um die Wette.  Als wäre das noch nicht genug der Schönheit, erhebt sich Schwerins Sehenswürdigkeit Nummer eins auf einer Insel im Schweriner See. Das Musterbeispiel des romantischen Historismus in Europa steht nicht ohne Grund mit dem übrigen Residenzensemble auf der deutschen Kandidatenliste fürs UNESCO-Welterbe.

Schwerin ist auch ein guter Ausgangspunkt für eine Schlössertour durch Westmecklenburg. Zu einem könnte man dabei auch auf dem Wasserweg fahren: Schloss Wiligrad am Schweriner Außensee, das jüngste unter den landesherrlichen Schlössern. Während die Ursprünge der Schweriner Residenz bis in die Zeit der Obotriten reichen, ist Wiligrad gerade einmal 121 Jahre alt. Aber Ausstrahlung ist ja bekanntlich keine Frage des Alters: Das in einen herrlichen Landschaftspark gebettete Bauwerk im Stil der Neorenaissance ist für Natur- und Kunstfreunde gleichermaßen ein Anziehungspunkt.

Foto: Rainer Cordes / Katja Haescher

Wanderwege führen zu den historischen Rhododendren, die noch aus Herzogs Zeiten stammen, bis zur Elisabeth-Quelle und der romantischen Wildnis am Seeufer. Wer mag, kann gleich den Wanderweg von Lübstorf durch den mehr als 200 Hektar großen Waldpark in Richtung Wiligrad beschreiten. Im Schloss nutzt der Kunstverein Wiligrad mehrere Ausstellungsräume. Am 13. Juli um 17 Uhr wird hier der Sommersalon 2019 eröffnet – eine temporäre Ausstellung mit Werken von Elke Böckelmann (Malerei), Ursula Strozinski (Grafik), Christina Köster (Textil) und Jutta Albert (Porzellan).

Das Herrenhaus des Grafen Hans Caspar von Bothmer

Foto: Rainer Cordes / Katja Haescher

Veranstaltungen wie diese locken neben der Schönheit der Märchenschlösser. In Bothmer musiziert vom 17. bis 19. Juli die Junge Elite auf ihrem Kammermusikfest – eine Veranstaltung der Festspiele Mecklenburg-Vorpommern.

Das Herrenhaus des Grafen Hans Caspar von Bothmer ist wie geschaffen für solche Highlights. Der Diplomat, der unter anderem als Minister König Georgs I. von Großbritannien ein märchenhaftes Vermögen erwarb, investierte sein Geld in einen prächtigen Stammsitz im Klützer Winkel. Bothmer ist die größte erhaltene Barockanlage des Landes, zu der gleich noch eine der schönsten Alleen führt – bestehend aus holländischen Linden, deren Zweige einander berühren und die wie Girlanden den Hohlweg säumen. Holland und vor allem England drücken der ganzen Anlage den Stempel auf.

Schließlich war Graf Bothmer kein x-beliebiger Provinzler, sondern ein weitgereister Mann, der etwas von der Welt gesehen hatte. Mit seinen Vorstellungen und seinem Geld schuf Architekt Johann Friedrich Künnecke ein Backsteinensemble, in dem sich englische Tradition und norddeutscher Bauweise einzigartig ergänzten. Wer wissen möchte, wie es sich Anfang des
18. Jahrhunderts in London lebte und was Number 10 Downing Street mit Bothmer zu tun hat, sollte unbedingt einen Blick in die Ausstellung im Innern des Barockschlosses werfen.

Das kleine Versailles in Ludwigslust

Foto: Rainer Cordes / Katja Haescher

Barock ist auch ein gutes Stichwort, wenn es um Ludwigslust geht. Das „kleine Versailles“ entstand mitten auf dem Dorf, das dabei gleich zur Stadt wurde. Herzog Friedrich der Fromme von Mecklenburg-Schwerin ließ ein repräsentatives Gebäude an die Stelle des kleinen Jagdschlosses seines Vaters Christian Ludwig setzen. Friedrich war aber nicht nur ein frommer, sondern auch ein sparsamer Mann. Insofern ließ er beim Bau des Schlosses nicht nur klotzen, sondern kleckern – mit Papierbrei nämlich. Aus Pappmaché, gern angerührt mit alten Akten aus der Landesverwaltung, entstanden hier Ornamente und Verzierungen an Wänden, Decken und Säulen. Glanzpunkte sind der Goldene Saal und weitere restaurierte Räume, teils mit wertvollen Papiertapeten. Doch wie war nun das Prinzessinnenfeeling in einem Märchenschloss wie diesem wirklich? Das erfahren Kinder auf den Familienführungen, die in Ludwigslust regelmäßig im Veranstaltungskalender stehen. Dann lautet das Motto zum Beispiel „Pomp, Pracht und Perücke“ und die jungen Besucher erhalten einen Einblick in Mode und Hygiene des 18. und 19. Jahrhunderts. Und wer die Perlenkette der Residenzen von Schwerin über Wiligrad und Bothmer bis nach Ludwigslust entlanggondelt, wird noch viel mehr entdecken.

Vor diesem Hintergrund ist auch das Verbundticket „8 auf einen Streich“ der Staatlichen Schlösser, Gärten und Kunstsammlungen Mecklenburg-Vorpommern eine gute Idee. Neben den Westmecklenburger Schlössern Schwerin, Ludwigslust und Bothmer gilt es auch für Güstrow, Mirow, Granitz, Hohenzieritz und das Staatliche Museum Schwerin – und das ein ganzes Jahr lang.

Veranstaltungskalender:

14. Juli MeckProms, Schlosspark Ludwigslust (Schweizerhaus), 11 Uhr

17. bis 19. Juli Bothmer-Musik, das Kammermusikfest der jungen Elite, Festspiele MV

19. Juli, 26. Juli, 2. August Pomp, Pracht und Perücke, jeweils 11 Uhr, Schloss Ludwigslust, Familienführung zum Leben am Hofe, Mode und Hygiene

6. August Die Pflanzenwelt im Blumengarten, 10 bis 12 Uhr Ludwigslust, Mal-Workshop für Kinder

13. Juli bis 1. September Sommersalon – Sommergäste 2019, Wiligrad