„Zwischen Spur und Zeichen tragen wir die Erfahrungen unserer Vorfahren in uns: das Rostrot der Höhlen von Lascaux, das Korallenrot von Pompeji, die farbigen Visionen eines William Turner, das Dunkelrot der Ingeborg Bachmann sowie die purpur-und elfenbeinernen Farben der Trauer eines Georg Trakl oder Paul Celan.“
Dieses Zitat stammt von Ruth Tesmar, 1951 in Potsdam geboren und seit 2011 in Schwerin lebend. Sie zeigt unter dem Titel „Zwischen Spur und Zeichen“ eine Kollektion ihrer zum Teil raumhohen Werke in Schloss Wiligrad – für die Künstlerin eine Möglichkeit, zwölf hängende Schreibbahnen zu einem Text von Ovid (ars amatoria, Liebeskunst) mit sechs hochformatigen Holzdrucken von „Wächter“-Figuren in räumlichen Einklang zu bringen. Bis zum 30. Oktober ist die Ausstellung in den Räumen des Kunstvereins zu sehen.
Früh prägten Ruth Tesmar literarische Zeichen und Botschaften und erwachte ihr Sinn für bildhafte Entsprechungen. So fand sie originäre Formen, die nicht nur Nachbildung oder Nacherzählung sind, zu Texten wahlverwandter Autoren wie Else Lasker-Schüler, Gertrud Kolmar, Ingeborg Bachmann, Arthur Rimbaud oder Paul Celan. Ihr Umgang mit Materialien und Werkzeugen in einem weitgefächerten Spektrum von Schrift-, Druck-, Collage- und Assemblageanwendungen zeugt von ihrer Bereitschaft, sich überraschen und anregen zu lassen. Gleiches gilt für Bildfolgen zu Alexander und Wilhelm von Humboldt, Gottfried Wilhelm Leibnitz und Johann Sebastian Bach, aber auch Buchgestaltungen für Märchen der Welt, Dante Aligheries Göttliche Komödie und Heinrich Heines Deutschland, ein Wintermärchen.
Arbeiten von Ruth Tesmar, die bis 2016 als Professorin für Künstlerisch-Ästehtische Praxis das „Menzel-Dach“ an der Humboldt Universität zu Berlin leitete, sind in Museen und Sammlungen des In- und Auslandes vertreten.
In Wiligrad gezeigt werden außerdem die 30-teilige Bildfolge nach Dantes Inferno sowie Assemblagen, also Collagen aus verschiedenen Objekten, für Friedrich Hölderlin, Christoph Martin Wieland und Wilhelm von Humboldt. Bildtafeln und raumbezügliche Objektplastiken vervollständigen die Ausstellung. Geöffnet ist Dienstag bis Sonnabend von 10 bis 18 Uhr, Sonntag ab 11 Uhr (im Oktober jeweils bis 17 Uhr).