Früher war alles schlechter. Ja, Sie haben richtig gehört und ich muss es nochmal betonen: Für uns Fischbrötchenjäger haben sich die Arbeitsbedingungen enorm verbessert – zumindest, seit so viele Menschen ihr Essen fotografieren. Das junge Pärchen, das sich mit zwei innig verhakelten Waffeln vor der Mole minutenlang in Position lächelte, hatte am Ende zumindest kein Problem mehr mit tropfendem Eis. Und vorgestern die Bockwurst, ich schwöre, ich wollte sie nicht anrühren. Sie wurde mir quasi in die Flugbahn gehalten, weil ihr Beinahe-Esser sein Picknick vor dem Strandkorb dokumentieren musste.
Passiert, könnte man jetzt sagen, und beim nächsten Mal fotografiert er vielleicht lieber seine Badelatschen. Bei manchen Zweibeinern paart sich die Selfie-Lust jedoch mit einer bemerkenswerten Risiko-Bereitschaft. Ich gebe ja zu, dass ein Selbstbildnis mit Grizzly schon etwas Besonderes ist und nicht jeder eins aus dem Yellowstone mitbringen kann – zumindest nicht in einem Stück. Und die berühmten letzten Worte, die so häufig in Gebirgen und auf Aussichtsplattformen zu hören sind: Warte, ich geh‘ noch einen kleinen Schritt. Nun habe ich zwar kein Spatzenhirn, dennoch will es mir nicht in den Kopf: Was soll dieses Gehabe für ein Foto, unter dem andere dann den Like-Button drücken? Oder sich ärgern, weil das eigene Picknick mit Bären weniger spektakulär war? Ehrlich Leute: Hier gehts doch nicht um die Wurst!
Euer Matti
(notiert von Katja Haescher)