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Überspielen

Früher war nicht alles besser. Das wurde mir wieder bewusst, als ich neulich einen alten Stern-Radiorecorder rumstehen sah (nach Angaben des Besitzers noch voll funktionsfähig). Als die Kiste produziert wurde, irgendwann zu tiefen DDR-Zeiten, gab es die CD noch nicht, geschweige denn MP3, USB und Internet. Aber immerhin hatte das Teil ein Kassettenfach, das es einem ermöglichte, Musik (oder was weiß ich was) aus dem Radio mitzuschneiden und sich Songs via Überspielkabel (kennt das noch jemand?) auf die eigene Magnetbandkassette rübersickern zu lassen.

Matti sagt

Kaum einer besaß die Schallplatten der Begierde im Original. Platten der Toten Hosen, von The Exploited, Slime und diversen anderen Punkbands gab es im Osten ja auch nicht als Amiga-Lizenzproduktion. Also habe ich mir mit meinem Recorder KR 660 von jemandem das jeweilige Album überspielt, der es von jemandem überspielt hat, der es von jemandem überspielt hat, der es von jemandem überspielt hat … Sie wissen, worauf ich hinaus will. Bei jedem Kopieren sackte die Qualität. Wer weiter vorn in der Schlange war, hatte das Glück, die subversiven Texte über Saufen und Rebellion gut zu verstehen, und war ein gefragter Überspiel-Tauschpartner.

Heute machste Spotify oder Youtube an – alles da (na, fast alles). Damals in der DDR war es noch eine Art Abenteuer, sich mit abseitiger Musik zu befassen. Es machte mehr Mühe, aber eben auch mehr Spaß. Früher war nicht alles schlechter.

Euer Matti
(notiert von Stefan Krieg)