Im Mai arbeitet der Frühling auf Hochtouren. Das Gleiche gilt für die Imker. Denn wenn Bäume blühen, Blumen sprießen und Wiesen leuchten, sind ihre Mitarbeiterinnen nicht zu halten. Detlef Bolte kann diese Ungeduld verstehen. Manchmal, sagt er, wartet er im Frühling regelrecht auf den ersten Bienenstich. Dann weiß er, es geht wieder los. Und das geht es für ihn seit fast 40 Jahren.
Durch einen Gartennachbarn in Grambow kam Bolte 1984 zur Imkerei. „Es hat mich wirklich begeistert“, blickt er zurück. Damals arbeitete der heute 66-Jährige in Grambow auf dem Gut und bekam von dort auch Unterstützung beim Umsetzen der Bienenwagen. Dann die Wende. Das Leben änderte sich in kurzer Zeit. Als der Vorsitzende des Imkervereins aufhörte, hieß es: „Detlef, könntest du das nicht erst einmal übernehmen, bis wir jemanden gefunden haben?“ Aus „erst einmal“ sind inzwischen mehr als 30 Jahre geworden.
Rund 60 Mitglieder gehören zu dem Schweriner Imkerverein „Prof. Dr. H. Friese“ und die gestandenen Bienenfreunde unter ihnen helfen auch Neulingen, in die Imkerei einzusteigen. Manchmal geht Detlef Bolte dabei regelrecht das Herz auf. Zum Beispiel, wenn er an Johann denkt, den er scherzhaft „meinen Lehrling“ nennt. Der Junge interessierte sich schon als Zehnjähriger für die Imkerei und hat gerade seine drei Bienenvölker gesund über den Winter gebracht. Das macht natürlich auch den Mentor stolz.
Detlef Bolte gibt seine Begeisterung für die Bienen aber auch an anderer Stelle weiter und investiert dafür eine Menge Zeit. Im Schweriner Zoo ist ein Bienenwagen renoviert worden und in Vor-Corona-Zeiten war hier zweimal in der Woche ein Mitglied des Vereins im Einsatz, um neugierige Fragen rund um die fleißigen Sammlerinnen zu beantworten. „Kinder staunen immer, wenn ich ihnen erzähle, dass eine Biene dreimal um die Erde fliegen müsste, um allein ein Glas Honig zu füllen“, sagt der Grambower.
Bis zu drei Kilometer in der Luftlinie entfernt sich eine Honigbiene bei der Nektarsuche vom Stock –bei den Wildbienen sind es nur 300 Meter. „Wir sind also bei der Bestäubung sehr auf die Honigbiene angewiesen“, sagt Detlef Bolte – und diese Bedeutung müssten die Menschen anerkennen.
Boltes Heimatort Grambow trägt inzwischen den Titel „Bienenfreundlichste Gemeinde in MV“ und dahinter steckt eine echte Gemeinschaftsleistung aller Einwohner. Jedes Jahr werden zum Beispiel 10.000 Frühblüher im Boden versenkt, die den Bienen im zeitigen Frühjahr erste Energiequellen sind. Die Einwohner haben eine Streuobstwiese angelegt und einen Bienenlehrpfad. Und der ortsansässige Landwirt sorgt auf den Feldern für Blühstreifen rund um die Wasserlöcher.
Jeder Einzelne, sagt Detlef Bolte, könne etwas dafür tun, dass es den Bienen gut geht. Das beginnt, wenn Löwenzahn und Gänseblümchen auf dem Rasen im Garten auch mal länger blühen dürfen und für die Beete nicht die extravagantesten Blumen mit doppelt gefüllten Blüten angeschafft werden – die liefern Bienen im Gegensatz zu den einfachen Wildformen nämlich viel weniger Nahrung.
So sind es oft Kleinigkeiten, die einen Unterschied ausmachen. Als Detlef Bolte erfuhr, dass nach der Straßensanierung entlang der Fahrbahn zwischen Grambow und Wittenförden Eichen gesetzt werden sollten, intervenierte er. Jetzt gedeihen dort bienenfreundliche Spitz-Ahorne. „Die blühen erst und bekommen anschließend ihre Blätter“, sagt Bolte. Den Bienen liefern die Bäume so zeitig im Jahr eine wertvolle Nahrungsquelle.
Aber nach welchem Honig leckt sich nun eigentlich ein Imker die Finger? Rapshonig mit einer dünnen Schicht Edelkastanienhonig obendrauf, den hat er auf seinem Brötchen am liebsten, verrät Detlef Bolte. Und er freut sich über alle, die ihren Honig dort kaufen, wo sie wohnen. „Sie unterstützen damit die Bienen, die auch in ihren Gärten die Pflanzen bestäuben“, sagt der Imker.
Wenn er auf dem Wochenmarkt ist, freut er sich über Menschen, die regionale Produkte kaufen. „Die nehmen dann nur vier oder fünf Kartoffeln mit, die zwar etwas teurer sind, aber auch nicht verderben, weil sie gleich aufgegessen werden“, sagt Bolte, der sich immer wieder über Dumpingpreise für Lebensmittel ärgert.
Inzwischen ist er Rentner und hat natürlich niemals Zeit. Außerdem ist er Feuerwehrmann, Gemeindevertreter und mindestens genauso reiselustig wie seine Bienen. Mit einem vom Imkerverein gemieteten Reisebus waren Boltes zusammen mit anderen Bienenfreunden schon in Irland, Norwegen, Ungarn, Österreich, der Schweiz … Und dabei geht es, wie könnte es anders sein, nicht immer nur um Urlaub. Alle zwei Jahre ist nämlich deutschsprachiger Imkertag mit Versammlung, Erfahrungsaustausch und Weiterbildung.
Jetzt drückt der Imker die Daumen dafür, dass im Juli in Grambow der Tag der deutschen Imkerei gefeiert werden kann. Dann sollen Streuobstwiese und Bienenlehrpfad offiziell eingeweiht werden.
Katja Haescher